Heather Nova – zur Beruhigung

> Download: Artarium am Sonntag, 13. Juli – Fußballbedingt hochkochenden Männerseelen zur finalpräventiven Rundumentkrampfung in beide Gehörgänge geschmeidigt – das ganze Album zum innerlichen Abschluss der Männlichkeits-Waldmeisterschaft im Maracujastadion 😉 Die Notfalls-Gralshüter alles Weiblichen inmitten rundlederner Machoposen und verschwitzter Hupfbrüllerei packen ihren leuchtorangen Letzte-Hilfe-Koffer aus und verabreichen den verdurstenden Gehirnen die fette Ölung! Ein Kontrapunkt zum Fanatentum der Vergeisterten tut allerdings not, und was wäre dazu geeigneter als etwas hocherotische Entschleunigung mittels einiger von Heather Nova bei den 2 Meter Sessies in Holland aufgenommener Akustiktracks?

Engels TrompeteDoch damit die unverhofft einsetzende Wirkung unseres Testosteron-Erlösungs-Cocktails nicht in unkontrolliert unerwünschte Nebenwirkungen hinüberschwappt, haben wir zuvorab noch zwei feine FEMALE. FEEL MALE! – Songs als Einstimmung ausgewählt, die uns in der männlichweiblichen Fanzone gut abholen werden: Nämlich zum einen eine ziemlich rockige Heather Nova Coverversion von Peter Gabriels „I have the touch“ – und zum anderen ihr geniales zweisprachiges Duett mit Bløf „Mooie dag“ 😀 Wunderschön! Und alsdann gibt es die versprochene alphawellen-induzierende Musique. Die Sätze und ihre Bezeichnungen:

01 Walk this world

02 Heal

03 Maybe an angel

04 My fidelity

05 Blessed

06 Heaven sent

07 Virus of the mind

Zu Risiken und sonstigen Gewöhnungseffekten: Wir sind ein geiles Institut…

 

Denk mal fairkehrt

-> Download: Artarium vom Sonntag, 22.Juni – LIVE vom fairkehrten Fest in der alten Nonntaler Hauptstraße, daher diesmal auch mit Live-Lesung und Live-Musik aus dem Fundus des etwas anderen Kunnst-Biotops! Außerdem wollen wir die Gelegenheit nutzen, um euch unsere monatliche Perlentaucher-Nachtfahrt ans Herz zu legen. Denn in dieser „musikliterarischen Gefühlsweltreise“ wechseln sich ebenfalls live gelesene Textbeiträge mit vorbereiteten Soundcollagen und Titeln aus dazu passenden Playlisten ab. Und zwar jeweils in spontaner Dramaturgie – rund um das ausgewählte Thema assoziiert. Was läge also näher, als für den Programmschluss des Radiofabrik-Außenstudios den Standort des Geschehens als inhaltliche Inspiration auf uns wirken zu lassen: Ein Kriegerdenkmal, mit den Namen aller im ersten und zweiten Weltkrieg elend zu Tode gekommenen Nonntaler – und mit der Aufschrift „Unseren Helden“…

Christopher SchmallImmer, wenn sich der Hund im Artarium wieder mal in einen Wirbel redet, freut es eine(n) so richtig, diese andere angenehme Stimme zu hören: Christopher Schmall, unentbehrlicher Freund und Coproducer 🙂 sonst seines Zeichens auch Dichter, Musikschaffender und Seelenforscher. Er ist einigen noch als Sänger der Band In Confusion in Erinnerung und war seither schon des öfteren mit seinen Solonummern und SpokenWord-Experimenten im Radio zu hören. Nun wird er zum ersten Mal seit geraumer Zeit wieder live and unplugged vor versammeltem Publikum zu erleben sein – und uns mit zwei zu diesem speziellen Setting passenden Eigenkompositionen – befremden, erfreuen – oder trösten? Wir wissen es nicht – wir können uns nur darauf einlassen! Derlei ist jedenfalls selten genug heutzutage…

Felix Vali SteinhauserEbenso rar und kostbar sind auch jene Momente, in welchen sich Potenzial plötzlich entfaltet – und wir staunenden Auges die im Erschaffen begriffene Welt betreten. So erging es uns erst unlängst, als wir beim gemeinsamen Vorlesen eigener Texte Felix Vali Steinhauser kennenlernten. Und zwar bei Writers On The Storm, einer überaus empfehlenswerten Veranstaltungsreihe des Salzburger Kunstkollektivs Bureau du Grand Mot für alle „Bühnenneulinge, heimliche SchreiberInnen und sich nicht ins RampenlichttrauerInnen“. Offenbar funktioniert diese Anstiftung zur Öffentlichkeit auch irgendwie auf wundersame Weise – denn schon zwei Monate nach unserem ersten Zusammen-Auftreten begrüßen wir ihn als poetischen Mitgestalter zur Lesung seiner Stimmungsbilder im Open-Air-Studio:

„Unbekannt erscheint mir meine Umwelt…“

-> Zur Aufzeichnung unserer Aktion für ein Deserteursdenkmal

 

Von den Besten lernen

-> Download: Artarium vom Sonntag, 8. Juni – Das Herzstück dieser Sendung bildet eine alte ORF-Aufnahme von Oskar Werner aus dem Jahr 1952, nämlich seine Lesung von Rilkes „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“, zu finden auf der schon seit geraumer Zeit unter verschiedenen Labels kursierenden Poetry-CD „Oskar werner spricht Rainer Maria Rilke“. Sind wir jetzt also vollends literarisch geworden – oder warum tun wir das? Nun, wir sind eben selbst „lyrische Menschen“ (so tragen wir etwa am 18. 6. bei der KulturKeule im Das Kino sowie am 22. 6. beim Fairkehrten Fest im Nonntal aus eigenen Texten vor) und gern auch für jedwederlei generationenübergreifende Begegnung mit Ausdruckskunst zu haben. Allerdings muss derlei auf Augenhöhe geschehen, nicht als ehrfürchtige Belehrung! Denn im Anfang war das Gedicht – und erst viel später wurde daraus ein Geschäft.

DOskar Werner spricht Rainer Maria Rilkeoch wir wären nicht wir, wenn wir es bei der bloßen Vorstellung eines durchaus denkwürdigen Werks, noch dazu in einer schlichtweg einzigartigen Interpretation, bewenden ließen 😉 Dieses Gustostückerl an zeitloser SpokenWord-Intensität ist nicht nur an und für sich inspirierend und stilbildend, es bietet auch noch ein paar spezielle Anregungen für die Weiterentwicklung unserer sozialkritischen Gedanken:

„Es ist eigenartig, dass sich ein Mensch, dessen Existenz von Terror bedroht ist, mit der ihn bedrohenden Instanz identifiziert, mit ihr verschmilzt, seine Identität einer vermeintlichen Rettung wegen aufgibt. Der Dichter Rainer Maria Rilke erfasste diese Tatsache intuitiv in seiner „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“.

Auf einem Feldzug gegen die Heiden wird dieser Cornet Rilke von Feinden umzingelt. Als Selbstschutz erlebt der Held des Gedichts die auf ihn einschlagenden blitzenden Säbel als einen lachenden, auf ihn niederrieselnden Wasserbrunnen. Um den Terror nicht zu registrieren, mit dem wir konfrontiert sind, und um die eigene seelische Einheit zu bewahren, werden wir blind. Anstatt den Realitäten ins Auge zu schauen, halluzinieren wir eine Einheit mit dem uns bedrohenden Anderen und verlieren so die eigene Identität und manchmal sogar das Leben.

Dieser Prozess verursacht und steuert Gewalt, psychische oder körperliche. Die Wurzeln dieses uralten Mechanismus liegen in frühester Kindheit, wenn die versorgenden Eltern versuchen, dem Kind ihren Willen aufzuzwingen. Diese Erfahrung von Gewalt bedroht jedes Kind mit dem Erlöschen seines eigenen, gerade erst im Entstehen begriffenen Selbst. Gerade solche Kinder, deren eigener Wille besonders gewalttätig unterdrückt wurde, entwickeln einen verhängnisvollen Gehorsam und eine pathologische Treue gegenüber der Gewalt. So kommt ein Kreislauf in Gang, in dem Gewalt zur Grundlage des Seins wird.“

Zitate aus: Arno Gruen – Der Kampf um die Demokratie

 

Ilija Trojanow – Der überflüssige Mensch

Artarium vom Sonntag, 27. April – Diese DOPPELSTUNDE wird als zwei eigenständige Sendungen veröffentlicht: -> Download: Buchvorstellung mit Leseproben und Studiogespräch -> Download: Autorenportrait mit Interviewauszügen von den Rauriser Literaturtagen 2014. Natürlich fein garniert mit thematisch passenden Musiktiteln und Audiocollagen, wollen wir sowohl der Streitschrift „Der überflüssige Mensch“ wie auch der Person Ilija Trojanow atmosphärisch näherkommen. Unsere Projektpartner, allesamt Salzburger Studenten, stellen hierbei ihr gesammeltes Material (einer universitären Präsentation) zur Verfügung, unter anderem eineinhalb Stunden Gespräch mit dem Autor zu Themen wie „Dystopische Popkultur“ und „Revolution oder Genozid“. Gemeinsam gestalten wir nun daraus dieses Hörstück zum Mitleben…

der überflüssige menschNachdem wir bereits am 23. März in der Sendung „Überflüssig“ über einige Ideen zum „Trojanow Projekt“ gesprochen haben, wollen wir diesmal detaillierter den Inhalt dieses bemerkenswerten Buches darstellen – und darüber diskutieren, was sich aus den darin entwickelten Thesen für den Umgang mit Gesellschafts- und Weltordnungen ergeben kann. Zur Einstimmung und Vertiefung empfehle ich die Rezension „Würdelos im Spätkapitalismus“ (Deutschlandradio Kultur). Interessanterweise wird die Neuerscheinung des bekennenden Anarchisten sogar in der Politischen Akademie der ÖVP wohlwollend besprochen. Das mag als deutliches Zeichen für deren unleugbare inhaltliche Brisanz gelten:

Hartz IV ist offener Strafvollzug. Es verstößt gleich mehrfach gegen das Grundgesetz. Erstens gegen Artikel 1, weil es kein menschenwürdiges Leben ermöglicht, und zweitens gegen die freie Berufswahl wie auch gegen die freie Entfaltung der Persönlichkeit, weil es Menschen zu Sklaven macht, indem es sie zur Annahme von Arbeit zwingt, die sie nicht ausüben wollen.“ Dieses Zitat von Götz Werner, Begründer der Drogeriekette dm, gestandener Kapitalist, aber auch Systemkritiker und Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens, stellt Trojanow dem Kapitel „Ein Sprungbrett nach unten“ voran.

ilja trojanowUnd schreibt dann selbst: Die Überflüssigen sind keineswegs überflüssig, lässt man den herrschenden Arbeitsbegriff unserer Zeit außer Acht. Sie pflegen einen gebrechlichen Vater, einen dementen Partner oder widmen sich als allein erziehende Mütter ihren Kindern. Sie helfen in der Nachbarschaft, sie engagieren sich, sie beschenken ihre Verwandten mit Selbstgestricktem (um nur einige beliebige Beispiele zu nennen). Wer seinem behinderten Sohn einen Filterkaffee zubereitet, ist eine Null, wer seinem Chef einen Espresso serviert, ist ein Assistent. Die nicht-kommerzielle Fürsorge wird missachtet, gerät ins soziale Abseits.“ (Aus Seite 36 des knapp 90-seitigen, sehr angenehm zu lesenden Werks)

Da hätten wir schon einmal ein paar kritische Gedankengänge beisammen, die jeder für sich lauthals nach revolutionärer Veränderung der Verhältnisse schreien. Oder anders gesagt: „So darf man mit Menschen nicht umgehen!“ Doch was können wir schon tun? Hier erweist sich die ebenso humanistische wie anarchistische Denktradition Trojanows als besonderer Glücksfall, indem sie mit vielen offenen Fragen umgehen und dabei doch sehr konkret werden kann. Meisterlich hat dies der Kollege von Radio Helsinki in einem Interview am 21. 3. 2013 eingefangen. Doch auch wir werden dichten Stoff liefern! 😀

Denn wir sind durchaus ein geiles Institut!

 

Überflüssig

-> Download: Artarium vom Sonntag, 23. März – Wir stellen diesmal ein Projekt rund um Ilija Trojanows aktuelle Streitschrift „Der überflüssige Mensch“ vor und begrüßen dazu im Studio die Gestalter dieses soeben entstehenden Work in Progress, unter ihnen Wolfgang Posch und Thomas Mulitzer vom Akustik-Punk-Duo TWO ON GLUE. Wir halten das für eine vortreffliche Idee, gerade den aktuellen Literaturbetrieb systemkritisch gegen den Strich zu bürsten und auch die Aussagen seiner Lieblinge auf persönliche Anwendbarkeit hin abzuklopfen. Diesem Ansinnen wollen wir uns gern anschließen und gegebenenfalls die gemeinsame Gestaltung eines Radiofeatures zum Thema „Überflüssigkeit“ oder „Entbehrlichkeit“ in Angriff nehmen. Zu unserem heurigen Themenschwerpunkt „100 Jahre Erster Weltkrieg“ passt derlei ohnehin wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Siehe (oder höre) dazu die Sendungen „Krieg und Frieden – Eine Andeutung“ (Artarium) und/oder „Krieg und Frieden“ (Nachtfahrt) 😉

Individuelle TextanfertigungInteressanterweise ist der „überflüssige Mensch“ ein verbreiteter Archetyp in der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts, und zwar meist ein gebildeter Nutznießer herrschender Verhältnisse, der die ihn umgebende Dummheit und Ungerechtigkeit erkennt, ihr aber handlungslos als gelangweilter Zuschauer begegnet. Kommt uns da nicht einiges erschreckend bekannt vor, wenn wir uns selbst inmitten des gegenwärtig konsumoptimierten Wirtschaftszaubers wahrnehmen? Das ist sicher eines der Motive, denen Trojanow folgt, wenn er die Frage aufwirft, wieso wohl jenseits von flüchtigen Empörungen keinerlei wesentliche Veränderung der Verhältnisse abzusehen ist. Noch interessanter fand ich allerdings den Umstand, dass der Archetyp des „überflüssigen Menschen“ in der Literatur auf den „Byronic Hero“ (-> Lord Byron) zurückgeht, einer Art einzelgängerisch weltabgewandten Antihelden, der seine persönliche Einmaligkeit in dauernder Rebellion gegen die Gepflogenheiten der Gesellschaft stellt. Sein Charisma besteht in der Ambivalenz zwischen Abscheu und Anziehung. Populäre Vertreter dieses Typs, mit dem wir uns nicht ungern identifizieren, wären etwa Batman, Severus Snape oder Dr. House. 😀 Kommt jetzt endlich die dicke Moralkeule, mit der Trojanow dem schlechten Gewissen unserer „Du solltest endlich etwas tun“-Spaßgesellschaft den Rest gibt? Oder stecken in der Botschaft dieses Beobachters noch viel tiefere Abgründe?

Anders gefragt, wenn ein angewiderter Außenseiter als unbeteiligter Zuschauer ein Gedicht über sein Erleben dieser Welt schreibt – wie „überflüssig“ kann das sein?

 

Käptn Peng – das etwas andere Interview

Nachdem wir euch im Januar die Musik von Käptn Peng & Konsorten in unserer Albumpräsentation-Sendung schmackhaft gemacht haben, wollten wir mehr darüber erfahren, was das für ein Mensch ist, der da hinter diesen abgründig intelligenten poetisch-philosophischen Texten steckt – und wie der so tickt in einem spontanen Gespräch. Dazu haben wir das Konzert von Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi im Salzburger Rockhouse besucht – und sind dem multikreativen Wortwetzmeister Robert Gwisdek vorab im Backstage mit dem Aufnahmegerät zu Geiste gerückt. Was dabei Erstaunliches zustande kam, das veröffentlichen wir nunmehr auf vielfachen Wunsch auch allhier zum gefälligen Download – in drei fein garnierten Portionen:

-> Käptn Peng (1) Einfälle (Spontane Textassoziationen und Sockosophisches)

-> Käptn Peng (2) Gedichte (Begriffsklärungen und Wert des Gedichteschreibens)

-> Käptn Peng (3) Kreativität (Kindliches und Erwachsenes im Produktionsprozess)

käptn_peng_liveDer Natur unseres etwas anderen Kunnst-Biotops gemäß wollten wir sowieso kein weiteres alltägliches 0815-Interview erzeugen, sondern vermittels eigens zubereiteter Textzitate und durch assoziatives Nachfragen dem Wesen hinter all den Masken und Verwandlungen auf die Spur kommen. Chapeau! 😀 Der Käptn erwies sich dabei als kongenial verspielter Gesprächspartner, der voll spontanistischer Denk- und Gestaltungsfreude ein verbales Feuerwerk aus ironischem Wordrap und tiefsinniger Betrachtung entzündete, dass es eine wahre Freude war. Dies sei euch hiermit nicht mehr länger vorenthalten – und zum gedeihlichen Nachhören wie auch zum fröhlichen Weiterverwursten entschiedenst anempfohlen! Denn die letzten Interviewgäste, die uns auf vergleichbarem sprachlichem Niveau soviel (im besten Sinne) Spaß machten, waren der Dramatiker und Festspielintendant Thomas Oberender (Kulturgespräch 2011) sowie die Regie-Abschlussklasse der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ aus Berlin (Gastspiel 4.48 Psychose 2009). Und Niveau ist – wie wir wissen – keine Hautcreme!

Für das feine Live-Foto danke an Ohrenkitsch vom Blog Die Welt ist mein Zuhause

fuchs_sein_fetztZum Schluss verweisen wir noch auf unsere letzte Nachtfahrt-Perlentaucher-Sendung mit dem sinnigen Titel „Zwischen Leben und Überleben“, in der alle drei Interview-Teile erstmals dramaturgisch einverwoben wurden. Und auch auf Robert Gwisdeks am 8. März erscheinenden Debütroman „Der unsichtbare Apfel“, über den man bereits folgendes erfährt: Igor ist ein merkwürdiges Kind. Er berührt Dinge, um sie zu verstehen, malt Kreise auf Hauswände und sortiert Schachteln in Schachteln ein. Während er älter wird, übt er das Schmelzen, entdeckt das Nichts und bezweifelt die Endlichkeit. Er verliebt sich und trägt eine Last, die zu schwer ist, er trifft auf den Tod und versucht schließlich, hundert Tage ohne Licht und Geräusche zu verbringen. Seine Reise führt ihn an die Grenzen der Vernunft und verändert seine Wahrnehmung der Welt für immer.

„…und verstand, mein Gott, ich bin der Fluss nicht das Floß!“ (Käptn Peng)

Gunkl – Ein ganzes Album

-> Download: Artarium vom Sonntag, 16. Februar – „Die großen Kränkungen der Menschheit – auch schon nicht leicht“ heißt das neueste Programm des Kabarettisten, Musikers, Philosophen und leider dann doch nicht Lehrers Günther Paal (Gunkl). Letzterer Umstand hat den versessenen Wissensvermittler allerdings einem viel größeren Publikum zugänglich gemacht, als dies jemals in einem Klassenraum oder Hörsaal möglich gewesen wäre. Gern hätte er ja schon interessierte und mitdenkende Jungmenschen beim eigenständigen Forschen geistig auf Hochtouren gebracht, wie er uns einmal in einem Interview verriet. Doch nebst seinem unleugbaren Drang zur freien Themenwahl stand diesem Lebensweg auch ein Bildungssystem dawider, welches mit „verknöchert“ noch recht euphemistisch umschrieben ist. Daher freut es uns ganz besonders, dass der rastlose Aufklärungsapologet bald auch wieder in Salzburg live zu erleben sein wird – nämlich am 20. März um 20 Uhr in der ARGEkultur. 🙂

GunklWas an Gunkls aktuellem Programm auffällt, ist die Konzentration auf das Vermitteln von Wissen. Diesen Lehrer hätte man sich in allen nur erdenklichen Lerngegenständen gewünscht – eloquent vortragend, eine Assoziation nach der anderen erweckend, dabei jedoch immer nachvollziehbar und der besseren Verständlichkeit halber nachgerade hochmusikalisch pantomim. Seine altbekannten Abschweifungen ins Spaßettlhafte (wie etwa multiple Persönlichkeiten und anderes virtuelles Bühnenpersonal) bleiben hier zur Gänze aus, besser gesagt, sie treten dergestalt in den Hintergrund, dass sie gerade noch erkennbar den Vortrag bebildern, eben so, wie bei einem begnadeten Pädagogen anschauliche Anekdoten und lebensnahe Beispiele den Informationsgehalt mit der Wirklichkeit verbinden können. Ein durchaus empfehlenswerter Abend vor allem für Menschen, die mit Wissensvermittlung in welcher Weise auch immer zu tun haben, denn er ersetzt meines Erachtens eine ganze Reihe von didaktischen und dramaturgischen Lehrveranstaltungen. Praxisnäher wäre da eigentlich nur noch die Gastronomie 😉

Doch damit wir hier nicht bloß über zu habende Mahlzeiten schwadronieren, seid herzlichst zum hörenden Vorkosten in unserer Sendung eingeladen! Wir präsentieren ein mehrgängiges Menü, bestehend aus einem Interview-Ausschnitt, zwei Highlights des Programms „Grundsätzliche Betrachtungen“ sowie gut 20 Minuten aus den „Großen Kränkungen“. Den Hauptgang bildet jedenfalls das Finale furioso dieses Bildungswerks, das mit den folgenden Worten beginnt: „Dass wir Religion immer noch brauchen, das kränkt mich. Was mich aber stört, ist, dass das schon wieder so ein Thema ist.“ Dem haben wir jetzt auch wirklich nichts mehr hinzuzufügen. Außer der musikalischen Garnierung, um unsere Verdauung anzuregen.

Bon Appetit!

 

 

100x NIEWIEDER für Marko Feingold

-> Download: Artarium vom Sonntag, 26. Januar – Auf Bernhard Jennys Blog findet sich seit Marko Feingolds 100. Geburtstag folgende Beschreibung: “100xNIEWIEDER ist eine aktion, bei der 100 menschen uns ihr persönliches kurzstatement schenken, in dem sie ihren persönlichen zugang zum NIE WIEDER formulieren. die aktion startet am 28.5.2013 und dauert 100 tage, jeden tag kommt eine aussage zu wort. zum abschluss der aktion werden wir dann die 100 statements gesammelt an marko m. feingold übergeben. mit der aktion 100xNIEWIEDER wollen wir ein zeichen setzen, dass uns die überlebensgeschichte von marko m. feingold und seine unbändige energie, mit der er sich von der ersten nachkriegsstunde an bis heute für das NIE WIEDER einsetzt, ein auftrag ist, dem wir uns verpflichtet fühlen.”

100xniewiederlogoDie persönliche Überreichung der 100 Statements findet sodann am Dienstag, 28. Januar 2014 um 19 Uhr im Literaturhaus Salzburg als eine „multimediale performative Veranstaltung“ statt. Wir haben Bernhard Jenny, den Initator der Aktion, zu uns eingeladen. Mit ihm wollen wir über die Entstehung dieses Projekts sprechen sowie einige Erfahrungen damit austauschen, zumal es sich dabei ja doch um hochaktuelle Fragen nach menschlichem Miteinander in unserer heutigen und zukünftigen Gesellschaft handelt. Auf jeden Fall war es spannend zu beobachten, wie viele unterschiedliche Anregungen so nach und nach zusammen kamen – und aufregend, zuletzt auch noch einen eigenen Gedanken dazu beizutragen. Es lohnt sich bestimmt, das 100xNIEWIEDER auf Bernhards Blog (noch) einmal durchzublättern und sich davon zu einem ganz persönlichen Statement inspirieren zu lassen. Daher werden wir in der Sendung auch einige jener Aussagen vorstellen, die uns besonders angesprochen und zum Mitdenken bewegt haben:

4. 6. 2013 – NIE WIEDER: Dazu haben wir die Pflicht, niemals einen Unterschied zu machen zwischen Menschen verschiedener Herkunft. Niemals Kategorien zuzulassen, die manchen die Existenzberechtigung in diesem Land absprechen. Und immer vehement aufzuschreien, wenn Menschen verhaftet und deportiert werden, nur weil ihre Pässe die falschen Stempel tragen. corinna milborn, autorin, journalistin und moderatorin

17. 6. 2013 – mit dem nie mehr wieder bin ich aufgewachsen. ob ich aber auch damit meine tage beenden werde, wer weiß. das unmenschliche wechselt nur gewand und opfer. livia klingl, journalistin und autorin

9. 7. 2013 – Schreien, sprechen, rufen, tanzen, spielen. Provozieren, argumentieren. Erinnern, Verbindungen herstellen. Erkennen, diskutieren, aufmerksam machen – share. Nicht schweigen, nicht still sein. Riskieren. We are not alone. Also für mich: politisches Tanztheater machen und junge Leute zu beeinflussen versuchen. editta braun, choreographin

17. 8. 2013 – Vergiss nie: der andere ist MENSCH.  daniela krammer, jazzmusikerin

 

Weitere Artikel zum Thema gibts auch hier: Artarium – Das Marko Feingold Projekt

 

Axel Corti – zum 20. Todestag

-> Download: Weihnachts-Artarium vom Sonntag, 22. Dezember – Auf der Suche nach einem Sendungsthema, das sowohl zur Jahreszeit wie zum Festkalender passen sollte – aber auch unserem Anspruch auf einen gehörigen Kontrapunkt zum kulturellen Mainstream dieser schrillsten Zeit im Jahr Genüge tun könnte, sind wir im wahrsten Sinne über Axel Cortis bevorstehenden 20. Todestag am 29. Dezember “gestolpert”. So lang ist das schon wieder her? Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. Stopp! Genau hier wollen wir ansetzen – bei der Entschwindligung unserer Hinterherhechelzeit. Denn was verdirbt einem das genaue Hinhören und leidenschaftliche Dahinterkommenwollen gründlicher als dieses permanente am Wesentlichen Vorbeihetzen auf der Jagd nach (und auf der Flucht vor) Wunschbefriedigung und Bedürfniserfüllung, für das die oft ganz und gar unselige Vorweihnachtszeit hier sinnbildlich Modell steht – im ambivalenten Abgrund zwischen verordneter Fröhlichkeit und Beziehungsburnout. 😛 Eine Stunde lang wollen wir innehalten – und endlich wieder einmal GUT zuhören…

Weihnachts-GeschichtenDenn wie kaum jemand sonst konnte Axel Corti Geschichten erzählen, sowohl im Radio – etwa in seiner längst legendären Glosse „Der Schalldämpfer“ – als auch mit seinen Filmen. Und so haben wir uns entschlossen, ihn selbst wieder zu Wort kommen zu lassen und uns allen Gelegenheit zu geben, einigen seiner schönsten Gedankengänge im Originalton zu lauschen. Dazu werden wir ein paar Ausschnitte aus alten Archivaufnahmen zu Gehör bringen (allesamt der ORF-CD „Axel Corti im Radio 1952 – 93“ entnommen). Und zwar sind das: Die Überlegungen zur Schutz- und Liebespflicht gegenüber dem Künstler aus seinem Nachruf auf Eberhard Fechner (Schalldämpfer vom 16. 8. 1992), seine tiefen Betrachtungen über unnötige „Kunstfreunde“ im Film- und Filmhochschulbetrieb (Schalldämpfer vom 19. 9. 1993) und eine kurze Episode namens „Der erste Drehtag“ aus seinem Tagebuch der Romanverfilmung von Joseph Roths „Radetzkymarsch“ (Schalldämpfer vom 3. 10. 1993). Zum Abschluss wiederholen wir seinen allerletzten Schalldämpfer vom 26. 12. 1993 in voller Länge (erstmals im Artarium vom Juli 2011 „Erzählkunst mit Axel Corti“) mit jener chassidischen Legende vom Rabbi Hillel, der nach seinem Tod noch einmal ins Leben zurück kommt und seinen Schülern sogleich offenbart, worum es „in der wirklichen Welt“ eigentlich geht – nämlich um die einzige Frage: „Warst du du selbst?“ 😉

Manche Geschichten (auch und vor allem solche aus dem Radio) gehören eben nicht nur gehört – sie gehören auch wiederholt und weitererzählt, sie gehören gemeinsam erlebt, sie gehören interpretiert, bestaunt, belacht, besonnen. Sie gehören – ihren Erzählern und Zuhörern. Gehören geteilt. Also – unters Volk damit! Das wäre doch ganz im Sinne des Erfinders – und seiner Witwe Cecily Corti, die sich als Obfrau der Vinzenzgemeinschaft seit Jahren auch für die Menschenwürde von Obdachlosen engagiert…

„Und es gibt jetzt auch kein apropos. Die Moral von der Geschicht – ist die Geschicht.“

 

5 Jahre Nachtfahrt Perlentaucher

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 22. September – „Die Musik- und Literatur-Gefühlsweltreise von Norbert K.Hund + Christopher Schmall aus der etwas spezielleren RADIOFABRIK: Jeden zweiten Freitag im Monat tauchen wir dazu LIVE durch tiefgründige Themen -> Gut zu hören – von 22:00 – 01:00 Uhr!“ Wahrlich, so steht es geschrieben in unserem Nachtfahrt-Perlentaucher-Blog. Und das ist beileibe keine leere Drohung wie so manches Wahlversprechen heutzutage. Wir meinen nämlich durchaus, was wir da tun und sagen! Nachdem diese illustre Sendung am letzten Freitag dem 13. mit der nunmehr 60. Ausgabe ihren 5. Geburtstag gefeiert hat, wollen wir die sich bietende Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen, auch euch, liebe Artarium Hörmuscheln und Ohrrüb_innen auf den Geschmack dieses im Wortsinn tiefgehenden Radioprojekts zu bringen. Denn wir haben – wie ihr wisst – noch lange nicht genug…

P1000510blauDer junge Suchende zieht also irgendeine “erwachsene” Ritterrüstung an und stülpt sich dazu noch einen vorgefertigten Helm über (namens Gott, Ehre, Stolz, Heimat,..) Schon lernt er nichts neues und anderes mehr, als mit den bereits vorhandenen Symbolen mehr oder weniger “richtig” umzugehen. Ob man ihm jetzt noch dazu beibringt, die Rüstung schön anzumalen oder sich darin anmutig zu bewegen, ist scheißegal – er hat sie ja längst an! Dazu hat er auch noch den passenden Helm, Hut, Denkschädel auf. Ob er sich an selbigen dann Blumen, Federn oder Würste steckt – das ist ebenfalls wurscht. Denn Hut bleibt Hut, Herrschaft bleibt Herrschaft, und Gewalt bleibt so eben auch. Es kann also nicht darum gehen, den “ein richtiger Mann” werden wollenden Jugendlichen dabei zu beobachten, wie er das “richtige oder falsche Ficken” lernt. Es ginge vielmehr darum, ihm endlich zu erlauben (und ihn dabei auch zu unterstützen), eine Sexualität zu entdecken und zu erleben, die sich mit überkommenen Brutalbegriffen wie “ficken, pudern, schuastern” gar nicht mehr beschreiben ließe… 😀 Denn wer zu sehr danach strebt, zum Abbild seiner Vorbilder zu werden, der sollte sich dann auch wirklich nicht wundern, dass sein Selbst als ein Abziehbild daher kommt. (Norbert K.Hund in „überwinden verwandeln“ vom 13. September 2013)

unterm radWir wachsen so selbstverständlich mit der Sprache auf, dass uns teilweise gar nicht mehr auffällt, wie zauberhaft und magisch sie sein kann. Sie kann Welten öffnen, fantastisch und traumhaft; sie vermag es aber auch uns zu verletzen, hässlich zu sein, widerlich und ekelerregend. Sie ist unendlich weit, farbenfroh und so facettenreich; dennoch stoßen wir hin und wieder an ihre Grenzen. Sprache kann wirklich sprachlos machen. Manchmal verschlagt es uns die Worte, wir können nichts mehr sagen, bringen keinen Satz mehr hervor, als hätten wir verlernt zu sprechen…

Ich als Dichter lebe von ihr. Ich liebe und ich hasse sie; und bin auf sie angewiesen. Es ist schon merkwürdig wie ein Wort den Sinn eines ganzen Satzes verändern kann. Es ist ein ständiges Abwiegen, ein andauerndes Überlegen und Feilen, eine Arbeit, eine Beschäftigung, die niemals aufhört, immer weiter geht. Ich bin im Bann der Worte. Und kann doch über sie bestimmen! Ich glaube, es ist eine Art Symbiose. Ohne Worte könnte ich nicht meine Gedanken nieder schreiben und ohne mich blieben sie nur seltsame Hieroglyphen… (Christopher Schmall in „Dichterwerdung“ vom 8. August 2013)

Also begleitet uns diesmal ein Stück weit durch unsere letzten Perlentauchereien, von welchen wir Auszüge von selbst gelesenen Texten und  dazu passenden Musiken spielen werden. Und erfahrt auch etwas mehr über die Idee hinter den Nachtsendungen und über ihre Geschichte des Geschichtenerzählens. Womöglich bekommt ihr dann ja auch Appetit aufs Nachhören der einen oder anderen Episode – derlei Bedürfnisse lassen sich gut im CBA-Archiv der Sendereihe befriedigen. Den stimmungsvollen Nachtfahrt-Kurzfilm von Markus Huber empfehlen wir euch ebenfalls gern als Vorspiel – ähm – Speise.  Und apropos – wir haben euch lieb! 😉