Amelia (Laurie Anderson Album)

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 15. September – Diesmal begegnen sich zwei starke Frauen in unserer Sendung: Die genresprengende Avantgarde-Klangwelten-Geschichtenerzählerin Laurie Anderson und die frühfeministische Weltumfliegerin Amelia Earhart. Anlass ist das soeben erschienene Album “Amelia”, mit dem Laurie Anderson der Vorreiterin einer umfassenden Emanzipation ihr Denkmal setzt. Und das in Form einer beeindruckend runden und ausgereift vielschichtigen Collage, die durch die Verbearbeitung von Originalaufnahmen und Zitaten aus Amelia Earharts Leben eine bemerkenswerte Klarheit und Intensität erzeugt. Und die zugleich eine emotionale Nähe zu der 1937 im Pazifik verschollenen Flugpionierin hervorruft, ganz als würde man jetzt gerade neben ihr im Cockpit sitzen und die Welt umrunden

Laurie Anderson - Amelia (Text)Über das rätselhafte Verschwinden der bekanntesten Pilotin ihrer Zeit kann seitdem nur spekuliert werden. Vielleicht ist sie doch nicht ins Meer gestürzt und ertrunken, vielleicht haben sie und ihr Navigator Fred Noonan auf einer einsamen Insel überlebt, wir wissen es nicht. Und naturgemäß sind Elvis-lebt-artige Verschwörungsphantasien nicht das, was uns interessiert. Sich in die Seinszustände von Menschen hinein versetzen dafür umso mehr. So hat etwa Heather Nova vor gut 20 Jahren in ihrem Lied “I Miss My Sky” die Gedanken und Gefühle von Amelia Earhart im Rückblick auf ihre Karriere und in Erwartung ihres Todes nachempfunden, ein großartiges Beispiel dafür, wie mit den Mitteln der Kunst das Leben Verstorbener ins Leben Lebender übertragen und über die Todesgrenze hinweg zum Fortwirken verwandelt werden kann. Und diese Kunst-Magie vollzieht auch Laurie Anderson mit ihrem Erzählkosmos, wobei sie eine feine Balance zwischen expressiven Textpassagen und subliminalen Klangbildern zu halten versteht. Oft ist es nicht zu unterscheiden, ob sie gerade singt oder erzählt.

“I am an artist, because I want to be free. I hate it when people tell me what to do.” So beschreibt Laurie Anderson ihre Grundhaltung, ihre Herangehensweise in diesem Advice To the Young Interview. Und auch Amelia Earhart wollte sich von nichts und niemand vorschreiben lassen, wie sie ihr Leben gefälligst nach irgendwelchen Normen und Rollenklischees zu gestalten habe. Um aber von ihrer Kunst oder eben von ihrer Fliegerei leben zu können, sind auch diese starken Frauen darauf angewiesen, in der Welt da draußen “Geschäfte zu machen”. There’s no Business like Showbusiness.

Kunnst?

PS. Laurie Andersons Gedankenwelt rund ums Entstehen dieses Albums in einem ausführlichen “Interview ohne Interviewer” (ein ähnliches Setting wie es bei André Hellers Menschenkinder angewandt wird). Sehr sehenswert

 

Zeit und Lebenszeit

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 13. SeptemberHast du Zeit? Anhand dieser einfachen Frage, die noch dazu in unendlichen Variationen durch unser Leben geistert, wollen wir die Beziehung des Menschen zur Zeit hinterfragen. An dem Punkt tauchen auch schon die ersten Abzweigungen im Gedankengang auf, nämlich “zur Zeit überhaupt” oder “zur eigenen Zeit” (die man sich nimmt und über die man bestimmt). Da liegt es nahe, “Lebenszeit” einmal unbedingt nicht als Lebensspanne oder Lebenserwartung zu begreifen, sondern (indem wir den Wortteil Leben betonen) als eine mit mehr oder weniger Lebendigkeit versehene Gegenwart. Und dieses mehr oder weniger unterliegt unserer eigenen Entscheidung, nicht einer von irgendwo sonst vorgegebenen Taktfrequenz. Wir selbst sind gestaltende Gestalten. Das ist der Sinn.

Zeit und LebenszeitIch habe keine Vorstellung davon, was Zeit eigentlich sein soll. Dauer? Abfolge? Termin? Wenn ich wissen will, wie lange ich geschlafen habe, dann bin ich auf das runde Zifferblatt einer analogen Uhr angewiesen. Mit meinem imaginären Finger zeige ich auf den Punkt des Schlafengehens und fahre dann die Strecke bis zum Punkt des Aufstehens, damit ich mir die Dauer meines Schlafs bewusst machen kann. Heute wie vor knapp 60 Jahren. Ein meiner Denkstruktur entsprechender Prozess, mir eine Gegebenheit der Außenwelt zu vermitteln, zugänglich zu machen und anzuverwandeln, so dass ich damit gestalterisch handelnd umgehen kann. Wenn jetzt jemand anderer bei der gleichen Fragestellung (wie lang hab ich geschlafen?) Zahlen sieht und im Geist eine Rechenoperation durchführt, dann ist das seine/ihre Herangehensweise und es gibt keinen Grund, das als irgendwie besser oder schlechter zu bewerten. Wenn mir aber jemand damit kommt, ich müsste das auf dieselbe Weise können, dann wirds ÜBEL.

Zeit und LebenszeitEs ist schlicht nicht einzusehen, dass eine bestimmte Weise, die Welt zu sehen und mit ihr umzugehen, als verpflichtende Norm für alle angenommen wird und dass deswegen alle, die dieser Norm nicht entsprechen, als Abweichler pädagogisch sonderbehandelt werden. Ich wähle diese Worte mit Bezug zur “schwarzen Pädagogik” hier bewusst, auch wenn die zwischenzeitlichen Entwicklungen des Konzepts der “Neurodiversität” in eine immerhin menschlichere und integrativere Richtung weisen. Doch nach wie vor höre ich den Satz eines meiner Projektpartner aus den 90ern nachhallen: “Hier wird der freie Wille freundlich umgebogen.” Er hatte ihn genau darauf bezogen, dass Kinder, die “irgendwie anders” waren, früher mit körperlicher Gewalt “gebrochen” und dadurch zur Anpassung “umerzogen” wurden, wogegen sie heute mit freundlicher Ermutigung (aber halt auch mit psychischem Druck) dazu gebracht werden, sich in eine nach bestimmten (und nicht zu hinterfragenden) Regeln funktionierende Normgemeinschaft “einzufügen”, also sich wiederum “anzupassen”. Und diese Kritik muss, wiewohl es durchaus anzuerkennende Verbesserungen und Reformen gibt, bestehen bleiben, bis grundlegendere Veränderungen eintreten.

Zeit und LebenszeitEs ist noch gar nicht lange her, da habe ich eine Dokumentation über den weltweit zunehmenden Bedarf an Rohstoffen und ihre jeweiligen Fördermengen gesehen. Es wurden Grafiken der für die nächsten Jahre abzusehenden Entwicklung gezeigt und ich begriff augenblicklich, dass sich das nie und nimmer ausgeht. Dazu brauchte ich, auch wenn man das im Gynasium von mir verlangt hätte, um so ein Ergebnis in seiner Herleitung für jemand anderen nachvollziehbar zu machen, keine Rechenoperation. Das große Ganze oder einen komplexen Sachverhalt sozusagen “auf einen Blick” zu erfassen und daraus zutreffende Ergebnisse abzuleiten, das ist die eine Sache. Dies dann auch für andere Wahrnehmungsarten verstehbar zu machen, es in eine andere “Sprache” des Welterfassens und Begreifens “zu übersetzen”, das ist die andere. Diese anspruchsvolle Aufgabe erfordert genau die geistigen und seelischen Ressourcen, die derzeit zum größten Teil im Anpassenmüssen verbraucht werden.

Nimm dir die Zeit …

 

Gitarre vol. 1


Hauke Guitar Collection (Foto: H. Reisinger)

Tuning Up zeichnet in der heutigen Sendung die Entwicklung der Gitarre nach: von der mittelalterlichen guitarra morisca, über die Renaissance- und Barockgitarre bis hin zu den elektrifizierten Varianten und mit Verweis auf die einzigartigen Gitarren von Roland Hauke aus Thaya im Waldviertel.

Roland Haukes Gitarren sind im Hauke Guitars Museum zu besichtigen:
Hauptstraße 14, 3842 Thaya

Nachzuhören unter: https://cba.media/674782

 

Wunder oh Wunder – eine neue Folge Engelsgeflüster!

Sendetermin: Dienstag, 3.September 2024 um 20 Uhr auf der Radiofabrik Salzburg

Engelsgeflüster vollbringt (fast) jeden Monat ein Wunder auf der Radiofabrik: Wir strahlen tolle und passende Musik zu interessanten und ausgezeichnet recherchierten Themen aus. Bisher hat sich jedoch weder Papst noch Kardinal an uns gewandt um uns selig oder heilig zu sprechen.

engelsgeflüster 80

Deshalb sehen wir uns mit dem hoch geschätzten Gast Roland Cerny-Werner (Prof. an der Universität Salzburg für Patristik und Kirchengeschichte)  was es mit Selig- und Heiligsprechungen auf sich hat. Wir diskutieren was es denn mit dem Nachweis eines Wunders auf sich hat und sehen uns „die geilsten Wunder“ ™ der letzten Jahre/Jahrzehnte/Jahrhunderte an.

Erwachsendenbildung

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 8. September“Und solang ich irgendwie atmen und reden und fühlen kann, und mich bewegen kann, will ich diese Magie betreiben und mich dieser Magie zur Verfügung stellen.” Doch von was für einer Verwandlung, ja geradezu Anverwandlung spricht der Mensch hinter der Maske hier eigentlich? Wenn er den Jedermann als Zauberbuch bezeichnet, dann sicher nicht in der Vorstellung, dass Wasser sich in Wein verwandelt, wenn man es dort hinein hält. “Ich werde das Gedicht.”, sagt Philipp Hochmair an anderer Stelle, und damit kommen wir dem Wesen der von ihm angesprochenen Magie schon näher. Und der Beobachtung, dass wir alle, solang wir in dieser Welt leben, werdende sind und nie fertig mit dem Prozess der Wandlung. Das ist Erwachsendenbildung

ErwachsendenbildungGibt es überhaupt “Erwachsene” (etwa als Gegenteil von Kindern) oder sollten wir nicht eher alle im werden miteinander verwandt sein? Das Konzept der Abtrennung von der eigenen Kindheit, wie es sich zum Beispiel in den Paulusbriefen wiederspiegelt, ist nicht nur höchst fragwürdig, sondern erweist sich mit zunehmendem Alter als ein festes psychologisches Problem. Denn diese “unerlösten Kinder”, die sich nie richtig entwickeln durften (und so auch nicht ihre spielerische Genialität im Leben des “Erwachsenen” ausüben können), sind ja nach wie vor anwesend und es kostet immer mehr Kraft, sie in der inneren Verbannung festzuhalten. Kraft, die uns zum Leben fehlt. Halber Mensch. Und wie schön wäre es, einem Jugendlichen, der unter seinem Anspruch “endlich nicht mehr Kind und endlich erwachsen sein zu wollen” erkennbar leidet, mitzuteilen, dass man selbst auch gerade “nicht mehr dort ist, von wo man herkommt” und zugleich “auch noch nicht dort, wo es einen hin bewegt”.

Ankommen kann (und wird) man bei sich selbst. Oder eben nicht. Das ist das ganze Geheimnis der Gelassenheit, vor allem im Hinblick auf das eigene Endlichsein hier in diesem Erdenleben. Was also gäbe es für ältere Menschen sonst an einem weiteren Geburtstag zu feiern als die Aussicht, sich selbst als eine ureigene Symphonie in immer neuen Variationen bis ins zuletzt auch Unvollendete fortzuschreiben? Das mag andeuten, wie wir im Spannungsfeld der verschiedenen Zeitbegriffe zufrieden leben können, ohne uns zerreiben zu lassen vom Chronos (der seine Kinder frisst).

Was ist ein Kulturmagazin? Nun, ein Kunnstbiotop, in dem es möglich ist, so eine Magie zu betreiben, nämlich Schönes und Interessantes in Beiträge zu verwandeln und so das, was wir entdeckt haben, was uns anspricht und fasziniert, mit unseren eigenen Gefühlen und Erfahrungen zu verbinden und in veränderter Gestalt wieder anderen zu zeigen. Wir sind in Entwicklung begriffene Erwachsende und wir laden zum Miterleben wie auch zum Selbstweiterentwickeln ein. Erwachsendenbildung, eine bemerkenswerte Begrifflichkeit, die man sich in die Seele sinken lassen sollte:

Erwachsendenbildung.