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Archiv für den Monat: Juni 2024
Keine Fußballsendung
> Sendung: Artarium vom Sonntag, 30. Juni – Wir wollten gerade jetzt, wo “da draußen” wieder einmal “die Europameisterschaft” ausgebrochen ist, absichtlich keine Fußballsendung machen. Oder zumindest eine Sendung mit dem Titel “Der Fußball ist tot.” Zumal es gute Gründe gibt, die chauvinistische Unkultur, die solch penetrant umworbene Geldspektakel mit sich bringen, mit umfassender Abscheu zu quittieren. Ihr seht, uns lässt das Thema auch nicht kalt. Weshalb wir uns auf die Suche nach den schönen Seiten des Fußballs machen wollen und dabei hoffentlich etwas von jener Fußballkultur wieder entdecken, die uns selbst zu berühren und zu inspirieren vermag. Denn in der Leidenschaft, die mit dem Spiel verbunden ist, lebt eine ganze Gefühlswelt, die es vor den gefräßigen Allesverwertesten zu retten gilt.
Beginnen wir folgerichtig mit den etwas leiseren Tönen. Da gibt es zum Beispiel zwei Jugendfreunde aus Norwegen, die als “Kings Of Convenience” eins der schönsten Musikvideos geschaffen haben, in dem das Fußballspielen sich ganz natürlich im Feingefühl der Kunst bewegt: “Misread”. Es gibt sie also, die Freunde, die das Spiel mit dem Ball zu einer gemeinsamen Welt in friedlicher Verbundenheit verweben. Das möchte man auch den eigenen Kindern wünschen und da stimmt selbst Stephan Weidner, sonst Bassist der Böhsen Onkelz, ein eher gefühlvolleres “Lied für meinen Sohn” an. Ach ja, wenns ums Umarmen des Lebens geht und nicht ums Auslachen, Verächtlichmachen und noch schlimmer Feindseliges, dann schau ja auch ich gern den Nachbarskindern beim Kicken zu, hör sie lachen und lehn mich zufrieden zurück in die beruhigende Melodie ihrer Unterhaltung, in der nichts Boshaftes mitschwingt, nur Freundliches, einander Aufbauendes, Wohlgesonnensein und Lebensfreude.
Wenn wir jetzt schon “keine Fußballsendung” machen und dennoch “das Phänomen Fußball” aus dem Blickwinkel der Liebe heraus betrachten, dann darf einer der größten Liebenden der Fußballgeschichte auf keinen Fall fehlen: Predrag Pašić, der mitten im Bosnienkrieg eine Fußballschule für Kinder im belagerten Sarajevo gründete. Hier in der legendären Doku “Rebellen am Ball” von Eric Cantona wird ausführlich davon erzählt. Mitten in der Schlammlawine des internationalen Konsumismus und der mit ihm verbundenen postkolonialen Kolonialkriege leuchtet die Wahrheit des Liebens.
Schon Pier Paolo Pasolini hat ja kurz vor seinem Tod beschrieben, wie diese globale Fusion aus Geldmacht, Religion und Ideologie jedwede Kultur (und er erwähnt dabei auch die Fußballkultur) in einem erstickenden Einheitsbrei aus Missgunst, Neid und Käuflichkeit zugrunde richtet. Die Poesie des Widerstands gegen eine so ausweglos erscheinende Weltgewalt besteht in der menschlichen Phantasie, deren imaginative Kraft aus der inneren Unendlichkeit ihrer Bilder gespeist wird. Fürwahr ein Füllhorn an Lebensformen, das denen, die mit dem Ende drohen, immer überlegen sein wird.
Wagen wir noch eine Prophezeihung: Das seltsame Ausblenden des Themas “Liebe und Zärtlichkeit, womöglich sogar Sexualität zwischen Männern” in der Fußballwelt ist ein letztes ungustiöses Aufrülpsen einer längst überholten Gefühlsgewohnheit, die von vielen noch immer als naturgegeben geglaubt wird, ihnen in Wirklichkeit aber von (siehe oben) Geldmacht, Religion und Ideologie gefickt eingeschädelt wurde und wird. Vor einigen Jahren veröffentlichten Sigur Rós dazu ein beeindruckendes Statement. Und Marcus Wiebusch von Kettcar ist sich absolut sicher: “Der Tag wird kommen.”
Keine Fußballsendung? Doch eine Fußballsendung …
Pantheressenz
> Sendung: Artarium vom Sonntag, 23. Juni – Auf der Suche nach dem Bilddenken wurde ich jetzt endlich über ein phänomenales Buch gestolpert: In “Legasthenie als Talentsignal” erklärt Ron Davis den Begriff der Orientierung (im Hinblick auf äußere Gegebenheiten) und wie man als Bilddenker oder (was nahe verwandt ist) als visuell-räumlicher Lerntyp zu einem Gleichgewicht der Wahrnehmung gelangen kann, das in speziellen Situationen wie beim Lesenlernen, aber auch beim Tanz oder Sport von einem selbst aktivierbar ist. Im Grunde geht es bei seinen “Orientierungsübungen” um das Finden eines optimalen Orts für die bei Bilddenkern gern umherwandernde “Kameraposition”, durch die wir die Welt wahrnehmen. Wie kann ich etwas nennen, das da plötzlich über meinem Kopf schwebt? Ich nenne es meine Pantheressenz …
In der heutigen Sendung geht es also ums Gleichgewicht, um die Balance inmitten von einander widerstrebenden, sich andauernd verändernden und auf den ersten Blick paradox wirkenden Gegenpolen. Und es ist erstaunlich, was für eine im wahrsten Sinn ausgleichende Wirkung so eine genau über der eigenen Symmetrieachse schwebende Wahrnehmung auf das bekannte Hin- und Hergeworfensein in den Turbulenzen des vielen Gleichzeitigen entfaltet. Natürlich versuchte ich mir auch davon ein Bild, eine Vorstellung zu machen, und heraus kam ein schwarzes, rundes, nach oben gewölbtes Etwas in der Größe eines Eishockeypucks. Und weil es sich auf mich förderlich auswirkte und ich ihm zunehmend zu vertrauen lernte, verband ich seine Wesensart mit der meiner Leoparden und Panther, als die ich mir die mich immer begleitenden “guten Kräfte” darstelle, die auf mich aufpassen und die mir ihre Lebendigkeit geben oder die meine Lebendigkeit sind, aber wer will das schon so im Detail auseinander fitzeln und sehr wahrscheinlich trifft hier ohnehin wieder einmal beides zu. Über zunächst als widerstreitend erlebten Gegensätzen schwebt ein ordnendes Drittes, dessen einstweiliger Name Pantheressenz wäre …
Auf dem Weg hierher haben wir einiges an Text und Musik gefunden, mit dem sich das soeben Beschriebene atmosphärisch untermalen und sogar veranschaulichen lässt. Ein Musikstück ragt dabei besonders heraus, weil es das in sich verstrickte Gegensatzpaar von Nähe und Distanz textlich wie musikalisch perfekt miteinander verschmilzt und zugleich als darüber schwebendes Drittes einen magischen Satz, nämlich “I wish you well” zum Tragen bringt, der eine sonst nicht auszuhaltende Ausweglosigkeit aufzulösen vermag. Reines Wohlwollen. Das ist Pantheressenz.
Wir besprechen den bislang völlig zu Unrecht unveröffentlichten Track “Wish U Well feat. Trennungsagentur” des Musikprojekts Illy Bidol vom Herrn Noir Trawniczek.
Sehr zum Wohl, Bilddenker.
Battle&Hum#142
Samstag 15.06.2024 (Stairway Zum Nachhören)
Unsere Lieder werden weder in Sylt noch in Kärnten gesungen und das ist gut so!
MC Randy Andy’s Lieder:
- EsRap feat. Gasmac Gilmore (single) – freunde dabei
- The Clash (combat rock) – rock the casbah
- DJ DSJ & Dirk von Lotzow (single) – alle menschen san ma zwida
- Kerosin 95 (single) – trans agenda dynastie
DJ Ridi Mama’s Lieder:
- AK AusserKontrolle x Bonez MC (single) – in meinem benz
- Bruce Springsteen & The E Street Band (the river) – the river
- Napalm Death (single) – nazi punks fuck off
- Revolverheld (single) – alors on danse
„Wo man singt da lass dich nieder, denn böse Menschen haben keine Lieder!“ (?)
Zur Abstimmung bitte hier entlang……
8 Jahre treuer Dienst wird belohnt: Engelsgeflüster hat gewonnen!
Seit 8 Jahren gewinnt die Radiofabrik durch die monatlichen Sendungen von Engelsgeflüster. Gestern war es nun soweit: Endlich hat auch Engelsgeflüster gewonnen – nämlich den heiß begehrten Radioschorsch.
Wir waren nicht die einzige Sendung die ihn gewonnen hat: Auch die Sendung Leuchtturm – Orientierung in Wissenschaft und Technik hat ihn gewonnen. Das ehrt uns noch zusätzlich.
Wir – Ruth und Stefan – danken der Radiofabrik für die Möglichkeit unseren guten Musikgeschmack Monat für Monat aufs neue beweisen zu können. Wir geben zu: Manches mal entschlüpft uns auch ein kritisches Wort gegen diese Gesellschaft, Esoterik und – aus unserer Sicht – falschen Ansichten.
Wir danken allen treuen Hörer*innen, auch denen, die uns böse Mails geschrieben haben 😉 Der Kampf geht weiter.
Ein paradoxes Album
> Sendung: Artarium vom Sonntag, 16. Juni – Wie es mittlerweile schon seit Jahren Tradition ist, kommt bei uns immer am Sonntag nach der Nachtfahrt ein ganzes Album zu Gehör. Und weil die Perlentauchersendung diesmal “Das angewandte Paradoxon” heißt, schicken wir gleich noch “Ein paradoxes Album” hinterdrein. Was immer das bedeuten mag. Denn was für den einen überhaupt nicht zusammen passt, das ist für die andere eine logische Abfolge von einander bedingenden Unterschiedlichkeiten. Oder umgekehrt, dazwischen und außerhalb. Wie dem auch sei, mit diesem selbst zusammengebrauten Album greifen wir die liebenswerte Gepflogenheit wieder auf, einander sogenannte Mixtapes zukommen zu lassen. Heute würde man individuell zusammengestellte Playlists dazu sagen, die irgendwo in einer Cloud existieren.
Früher waren das real existierende Musikcassetten, auf denen man nicht nur ganz speziell für einen besonderen Menschen und auch im Hinblick auf eine ausgewählte Gefühlslage verschiedene Songs, Sounds und Spokenwords zu einer Art von Collage zusammenfügte. In weiterer Folge dekorierte man das Cover (die Cassettenhülle) auch mit allerlei entsprechendem Bildwerk und gegebenenfalls sogar mit dem Verzeichnis der enthaltenen Titel. Aufgrund der Gegebenheiten der analogen Aufnahmetechnik waren dafür mehrere Stunden an Arbeit erforderlich, eine Zeitspanne, während der man im Inneren sowohl mit der eigenen Botschaft als auch mit der Person beschäftigt war, die sie empfangen sollte. Davon ausgehend, “dass Liebe ein angewandtes Paradoxon ist” und unter Einbeziehung der Formel “Liebe ist Energie mal Zeit” lässt sich leicht erspüren, was die Qualität der Selbstoffenbarung in der Beziehung zu nicht einfach nur real existierenden, sondern sogar tatsächlich lebendigen Menschen ausmacht. Die immer noch schnellere Verfügbarmachung von allem und jedem ist eine Illusion.
Kommen wir nun zum Inhalt dieses allein schon deswegen paradoxen Albums, weil es eine Tradition aufgreift, mit der man nicht nur vielsagend sein, sondern eben auch viel sagen konnte. Und das wird die heutige Dreiviertelstunde an Musik, Text und Collage sicherlich. Nur halt nicht jedem dasselbe. Das Feuer als Element der Verwandlung, die Sehnsucht nach sich selbst, der Verlust von Geborgenheit, mitten drin Rilkes Panther und die Frage, was überwiegt, Resignation oder Lebenskraft? In every Dreamhome a Heartache und nicht zuletzt die Verletzten, die eigentlich die Ärzte sein sollen …
Bluescafé vol. 2
Am 15. Juni startet das Bluescafé in Hallein unter der Leitung von Michel Widmer und Erik Esterbauer in die zweite Runde. Dabei kommen Interessierte, Spiel- und Singfreudige zusammen, um gemeinsam alte und neue Stücke aus dem Blues- und Rhythm’n’Blues-Repertoire durchzuspielen. Alles was klingt ist willkommen, natürlich aber Gitarren, Mundharmonika oder Rhythmusinstrumente. Man kann auch nur zum zuhören kommen. Von 15-19 Uhr wieder in der Zone11, Mauttorpromenade beim Parkplatz Pernerinsel.
Eine Auswahl der Stücke aus dem Bluescafé werden in dieser zweiten Sendung im Original als auch Coverversionen vorgestellt. Mit dabei sind K.C: Douglas, J.J. Cale, Elmore James, Louis Armstrong oder die Allman Brothers.
Nachzuhören unter: https://cba.media/665887
Das angewandte Paradoxon
> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 14. Juni – Die Liebe ist ein angewandtes Paradoxon. Oder ein guter Witz, in dem zwei eigentlich nicht so recht zusammen passen wollende Ebenen zueinander in Beziehung geraten. Paradoxes ereignet sich unvorhersehbar und gerade das macht seinen Charme aus. Wie wenn auf einmal eine Tür aufgeht, dort wo nie zuvor eine war – oder eben doch? Man weiß es nicht, und das ist gut so. Andernfalls wäre es ja orthodox, und das haben wir nicht so gern. Bilddenker reagieren besonders positiv auf Paradoxien, endlich einmal sind sie nicht mehr unterfordert beim Herstellen von neuen Zusammenhängen. Und wie ein guter Witz bringt einen das zum Lachen, wie die Liebe macht einen das glücklich. Daher soll man diese Sendung nicht “einfach nur anhören” – man soll sie erleben.
Man sollte das Paradoxon jedoch nicht mit dem gezielt erreichbaren “erweiterten Bewusstsein” und seinen lustigen Nebenwirkungen velwechsern. Es ist vielmehr eine recht unverfügbare Draufgabe zu solcherlei Erfahrungen, seien sie nun durch Mystik, Trance, Drogen oder was auch immer bewirkt. Die Wahrnehmung des Paradoxen und seiner näheren Verwandten vom Surrealen bis zum Absurden tritt allerdings in psychischen Ausnahmesituationen gehäuft in Erscheinung (aber eben nicht ausschließlich, sonst wärs ja nicht paradox). Ein wahrer Meister in der Anwendung und Darstellung dieser Phänomene ist der als Käptn Peng bekannte Robert Gwisdek, in dessen Video “Der Anfang ist nah” auf vielen Ebenen Phantasie und Wirklichkeit … hahaha, glücklich! Der Umkehrschub ist eingeschaltet und die Welt kann so erlebt werden, wie sie wirklich ist. Ein Füllhorn der Phantasien und Wünsche. Meine Heimatstadt ist ein Friedhof der Ursache …
An dieser Stelle wollen wir uns bei der unglaublichen Facebookseite “Street Art Utopia +” bedanken, von der wir die Bilder für diesen Artikel empfangen haben. Und zu Entdeckungsreisen in deren weite Bildwelten anregen, aus denen sich kunstvoll gestaltete Paradoxien zu tiefgründigen Themen finden lassen. Und gleich noch eine Würdigung, die im Zusammenhang mit unserer Sendungsgestaltung steht: Heidi Neuburger-Dumancic von GOOD MEDIA SOLUTIONS (die neulich für einen Filmdreh bei uns zu Gast war) illustriert ihr Verhältnis zur Sprache mit einem Zitat aus dem Internet: “Words cast spells. That’s why it’s called SPELLING.” Damit unterbrechen wir diesen Artikel indem wir ihn fortschreiben (wie paradox) und sagen hiermit: “Was die spontan-assoziative Aufführung dieser Radioreise ins angewandte Paradoxon anbelangt, können sie uns vertrauen. Wir sind Bilddenker und somit oft in psychischen Ausnahmezuständen unterwegs, da kann also grundsätzlich nichts schiefgehen. Lehnen sie sich zurück (oder wohin auch sonst), entspannen sie sich – und erwarten sie das Unerwartete.”
Es wird geschehen. Sobald die Menschenvernichtungsmaschine, eine Art Fleischwolf, dessen Zweck es ist, die Phantasiekinder, die von oben in ihren Trichter hinein gestopft werden, zu angepasst verviereckten Bravhampeln zu zerquetschen, “in die entgegengesetzte Richtung”, also umgekehrt funktioniert, werden all die lebenslang abgetöteten, zur bloßen Funktion degradierten, von Wut auf die enttäuschte Liebe verstopften Gefühle, Phantasien, Spontanismen und Ideen wieder zu Lebewesen zusammengesetzt und entsprießen dem Todestrichter in den unendlichsten Wunderfarben sich ständig verändernder Möglichkeitsformen (und ich deute nur an). Wenn der Umkehrschub also erst einmal aktiviert ist – und ja, da ist ein Hebel außen am Gehäuse, den das missbrauchte Kind selbst umlegen kann – dann gibt es kein Halten mehr, dann geschieht es, dann ereignet es sich … all das, von dem immer schon klar war, dass es so sein sollte wie es nun einmal ist.