Golden Years

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 10. August – Die Band Tocotronic ist seit ihrer Mitbegründung der Hamburger Schule ein nicht wegzudenkender Beitrag zur sowohl selbstdenkorientierten als auch gefühlsganzheitlichen Lebenswahrnehmung vielster Mitmensch*innen geworden. Vor allem aber sind sie eine Band, die nie in einer Pose verharrte, um jahrzehntelang als Folklorezombie ihrer selbst (und ihrer Szene) zur Gaudi ihres Stammpublikums (und zum Klingeln der Kassen) wiederaufzuerstehen. Untote Endlosschleifner immer einunddesselben gibt es eh schon zum Speiben zuviel. Spätestens seit ihrem enigmatischen Song/Video “Ich tauche auf” (gemeinsam mit Soap&Skin Anja Plaschg) wissen wir, dass Tocotronic irgendwie “out of the box” sind. Und somit stellen wir euch (und uns) heute ihr aktuelles Album “Golden Years” vor.

Golden Years von TocotronicWenn ich da hineinhöre und mir die Texte von Dirk von Lowtzow durchs Bewusstsein wehen lasse, dann bin ich mir nie so ganz sicher, was das jetzt eigentlich ist … Philosophie? Selbstaufdieschaufelnehmung? Spiritualität? Lebenserfahrung? Weisheit? Verlorensein? Glück? Abgrund? Oder alles zusammen? Über all die Jahre sind uns immer wieder einzelne Aufblitzungen ihres fürwahr vielgestaltigen Schaffens begegnet, haben sich eingebrannt oder sind leise in uns eingesunken, nur um dann andernorts, andernzeits wie wohlvertraut wieder aus uns aufzutauchen. Das eine oder andere Mal haben wir davon berichtet, so wie wir im Radio immer von dem berichten, was sich gerade in uns ereignet. Zu Beispiel in den Sendungen “Songtexte auf deutsch” oder “Zwischen Leben und Überleben”. Abgesehen von den ganzen Alben “Schall und Wahn”, “Nie wieder Krieg” und eben jetzt “Golden Years”. Und auch Musikalben wollen, so wie Gedichte, erlebt werden.

Denn die zuvor aufgeworfene Frage, was das jetzt eigentlich ist, diese unserem Hirn und seiner Arbeitsweise so tief innewohnende Suche nach dem Vergleichbaren, nach Einteil- und Zuordenbarkeit, sie muss an der flirrenden Vielgestalt tocotronischer Verweise zerschellenund führt so zwangsläufig ins Leere. Oder ins Unendliche. Ist da, jenseits der vorgegebenen Bedeutung, jenseits der vermeintlichen Sicherheit, jenseits der vielleicht lebenslang falsch verstandenen Systeme womöglich doch auch ein Urgrund – unter dem grund- und bodenlosen Abgrund? Das Leben spüren …

Das Leben lebt … Golden Years.

 

Drawing the Line

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 8. August – Ich sitze vor einem leeren Blatt Papier und weiß nicht mehr, was ich mit diesem Sendungstitel eigentlich vorgehabt habe: “Drawing the Line”. Und ich zeichne eine vertikale Linie, ungefähr in der Mitte des quer liegenden Blattes, von oben nach unten. Und das Bild, das ich sehe, ist ein anderes geworden. Zuvor noch unendlich weiße Weite, die sämtliche Möglichkeit in sich trägt – und mich zugleich doch verunsichert, welchen von all den noch nicht sichtbaren Schritten ich gehen soll. Mit einer einzigen Linie wird aus der Leere ein Buch, ein Behältnis, eine Einladung zum Einsortieren. Links und Rechts sind auf einmal gut zu unterscheiden und zugleich auch wieder Teil eines größeren Ganzen. Es erscheint mir wie ein Wunder – eine Verwandlung aus dem Unbewussten.

Drawing The LineAuf ähnliche Weise funktioniert wohl auch “das Trennen”, von dem mir ein alter Freund unlängst erzählte. Gemeinsam mit seiner ersten Frau geriet er unmerklich (schleichend, wie er es nannte) in einen Zustand des Hinunterschluckens von vielen zunächst als störend empfundenen Wesensunterschieden, nur um die Harmonie der Verbundenheit oder der Symbiose nicht zu gefährden. Nach vielen Jahren stellte sich dann heraus, dass solches Vermeiden die Verbundenheit nicht nur nicht schützt, sondern sie sogar, ebenso unmerklich oder schleichend, geradezu zielstrebig zersetzt. Hmm. Abgesehen davon, dass wir über seinen Vorschlag “Wir sollten uns noch viel öfter trennen!” herzlich lachen mussten (und sofort beschlossen, dies im Rahmen unserer Freundschaft tatsächlich zu tun) – was ließe sich aus diesen Beobachtungen lernen? Kann es nicht sein, dass “Drawing the Line” als sanfter Akt der Selbstaussage oder als Einladung zum Unterscheiden unsere Beziehung zum jeweils anderen bereichert?

In unmittelbarer Nachbarschaft zu unserem Radiokunnstbiotop findet gegenwärtig in der Berchtoldvilla die Ausstellung 8 Milliarden statt, die uns einige Inspirationen rund ums Thema “Verschmelzen und Unterscheiden” bescherte. Speziell die Arbeiten von Johanna Hartung bringen es meiner Ansicht nach auf den Punkt: Unserem Werden und Entstehen liegt ein Naturprinzip zu Grunde. Aus der Verschmelzung von zwei Keimzellen wird durch fortwährende Zellteilung ein zuletzt einzigartiger Organismus. Sie (die Zellen) müssen sich trennen/unterscheiden, um die hoch spezielisierten Aufgaben des Systems Mensch zu erfüllen. Und in jeder einzelnen Zelle befindet sich die selbe DNA, die durch die eine ursächliche Verschmelzung zweier verschiedener Stränge entstanden ist – und die sich bei jeder weiteren Zellteilung als die immergleiche und zugleich wieder neu abbildet. Faszinierend. Wir sind also alle ohne Ausnahme bis in die einzelste Zelle hinein schon immer zugleich gleich und dabei genauso verschieden. Und wenn das so ist – und es ist tatsächlich so – dann sollte das doch auch für die anderen Aspekte unseres Lebens gelten: Für unsere Beziehungen, für unser Verhältnis zu uns selbst, für unsere Sicht auf die Welt und für unsere Kunst. Ich sitze vor einem leeren Blatt Papier und ich zeichne eine Linie

Drawing The LineDu kannst dich fast nicht mehr bewegen
Ich will mich wieder zu dir legen
Es gibt noch etwas zu erledigen
Bleib am Leben

Du hast dich fast schon aufgegeben
Aus dem Staub und in den Regen
Doch ich muss ganz deutlich sein
Ich lass dich nicht allein

Bleib am Leben

Drawing the Line. Damit man etwas trennen kann, muss es doch vorher verbunden gewesen sein, oder etwa nicht? Was aber, wenn dort, wo allgemein und üblicherweise davon ausgegangen wird, dass da unser “Urvertrauen” (aus der Geborgenheit bei der Mutter und in der Familie) herrührt, auf das wir im Verlauf unseres Lebens angeblich jederzeit zurück greifen können, nichts ist als das nackte Grauen? Können sich zwei zutiefst bindungsgestörte Menschen überhaupt jemals voneinander unterscheiden? Da ist es zunächst einmal gut, mit sich selbst entschieden “per Du” zu sein, finde ich.

Drawing the Line …

 

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GRAVITATIONAL WAVES

Joseph Taylor won the nobel prize for physics together 40 years ago (1993) with his colleague and former student Russell Hulse for the the indirect prove of gravitational waves in binary pulsars.

Therefore we bring in this program facts about gravitational waves and comments and interview with the nobel prize winner Joseph Taylor.

With radio contributions from the own broadcast 2019.

Medienfachperson

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 27. Juli – Zwei Menschen lernen einen Beruf und erschließen sich mancherlei Möglichkeiten. “Medienfachmann/frau” wurde das bisher genannt, demnächst soll es dann “Medienfachkraft” heißen (was wir nicht soo poetisch finden). Darob, und weil die Radiofabrik (der Germ der Gesellschaft) den Beruf mit -mann/frau/* beschrieb, haben wir “Medienfachperson” zum Titel gemacht. Nach Hermes Phettberg hieße es wohl “das Medienfachy”Doch nun begegnen sich die zwei durchaus verschiedenen, wiewohl schon auch sinnverwandten Lernenden zum ersten Mal Live im Radio – und vergleichen ihre unterschiedlichen Ausbildungen: Luca Standler ist Lehrling in der Radiofabrik und Christopher Schmall nimmt am BFI-Kurs “Medienfachmann/frau Two in One” teil. Und wir dürfen neugierig sein

Medienfachperson… und uns in die Erlebniswelt ihrer Berufswahl hinein versetzen (lassen). Anmerkung: Wenn wir über “Sprache schafft Bewusstsein” nachdenken, dann wäre das ein klarer Fall fürs Mediopassiv. Wie ließe sich sowas “auf Deutsch” ausdrücken? Der Soziologe Hartmut Rosa … aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Jedenfalls hat das, was unsere beiden Menschys beschäftigt und begeistert (also womit sie sich herumschlagen und was ihnen wieder neue Perspektiven aufzeigt) viel mit Kreativität und neuen Ausdrucksmöglichkeiten zu tun. Wenn man sich in die oberbei verlinkten Lehrinhalte vertieft, dann entsteht der Eindruck, hier würde nicht bloß ein einzelnes Instrument erlernt, sondern eher ein ganzes Orchester und dazu noch wie man es sinnvoll dirigiert. Derlei versetzt einen im ersten Moment gern einmal in eine Art von “Hilfe! Hilfe!”-Überforderungsgefühl, das jedoch schon bald in ein neugierigmachendes “Boah, is des geil!”-Lernlustempfinden übergeht – und sich in weiterer Folge sogar zu einer echten “Ha! So geht des!”-Befriedigung auswachsen kann – und bei regelmäßiger Anwendung unweigerlich auch wird. Es geht doch nichts über den Gesichtsausdruck von jemandem, der/die gerade das entdeckt, was er/sie am liebsten mag, und dann sagt: “Des is sowos vo meins!”

Wie war das nochmal mit dem Andy Warhol?

Unlängst traf ich nach längerer Zeit wieder einmal eine dieser damals mit 14 recht ratlos wirkenden, von den Irgendwers gern mit dieser oder jener Begründung sprich Problemen sprich Diagnose ins schuldhafte Nichts ausgespuckten Gestalten, der mir von seiner “neuen Schule” erzählte, in der es genau um das geht, was ihn wirklich interessiert. “Weißt du”, sagte er, “ich hab mich zum ersten Mal freiwillig hingesetzt und gelernt. Das hab ich vorher noch nie jemals gemacht.” Ob Maschinenbau oder Medienfachperson oder  … was du noch nicht zu kennen glaubst, wiewohl du

es ja doch immer schon bist!

Wie war das nochmal mit dem Pinguin?

 

Battle&Hum#152

Samstag 19.07.2025 (Stairway zum Nachhören)

Die hot boys der Radiofabrik stopfen euch das Sommerloch mit wunderbaren Liedern!

 

DJ Ridi Mama’s Hitzeschlag:

  1. Faith No More (angel dust) – easy
  2. Danzig (same) – am I demon
  3. Pulp (different class) – disco 2000
  4. Queens oft he Stone Age (…like clockwork) – I sat by the ocean

 

MC Randy Andy’s Sonnenbrand:

  1. Betty Davis (nasty gal) – dedicated to the press
  2. Grauzone (same) – marmelade und himbeereis
  3. The Heavy (the house that dirt built) – how you like me now
  4. LINGUA IGNOTA (caligula) – may failure be your noose

 

„Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht.Lochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut.“ (Kurt Tucholsky)

 

Zur Abstimmung folget dem LINK!

 

 

Die Fahne der Freiheit

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 20. Juli – Eine erweiternde und vertiefende Fortsetzung unserer ersten Erinnerungssendung “Living in the Past”, die sich dem gemeinsam erlebten Heranwachsen im Salzburg der 70er Jahre widmete. Diesmal richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die uns damals umgebende Atmosphäre des politischen Aufbruchs und wie diese Stimmungslage unsere Hoffnungen und Perspektiven beflügelte. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass sich da ein Begriff wie “Freiheit” ganz vortrefflich auf unser pubertäres Hormongefüge gereimt hat – und dass sich dieser Umstand bis heute in unserer Musikauswahl wiederfindet. Neben dem, was “Österreich modernisieren” für uns Jugendliche damals bedeutete, sei auch darauf hingewiesen, wie geradezu revolutionär die damalige Rockmusik war.

Die Fahne der FreiheitZu deren einstiger Sprengkraft (sowie heutigen Beliebigkeit) hat Bernhard Torsch unlängst eine feinsinnige Betrachtung verfasst. Sie stimmt weitgehend mit unserer Lebenserfahrung überein, wobei wir den stilistischen Schwerpunkt mehr beim “Progressive-” als beim “Blues-Rock” setzen – doch das ist letztendlich Geschmackssache. Die Grundtendenz der Kulturgeschichte ist hier wie dort die selbe. Jedenfalls beweist mir der erste Einfall beim Vorbereiten dieser Sendung (als nämlich die Frage auftauchte: “Was wollen wir jetzt spielen von dem, was wir damals immer wieder gehört haben?”) die Richtigkeit seiner “revolutionären” Zuschreibung. Denn was haben wir damals, unter dem Einfluss der Hormone wie auch der “politischen Großwetterlage”, rauf und runter gehört? Es war “Spartacus” von Triumvirat. Auch Nummern wie “Do The Strand” von Roxy Music, später das erste Album der Nina Hagen Band mit dem legendären “Pank” (“du alte Sau, gelle!”). All das ist eine Kampfansage ans unterdrückerische Establishment.

Naturgemäß bekamen wir in jener Zeit auch die realen Gewaltausbrüche mit und sie wurden Teil unserer Lebensgeschichte. So waren einige unserer Freunde Chilenen, die wegen des Militärputschs 1973 ihr Land verlassen mussten, um nicht umgebracht zu werden. 1977 veröffentlichten die Schmetterlinge ihr Album Proletenpassion, auf dem sie einem der damals zu Tode gefolterten, dem chilenischen Volkssänger Victor Jara, ein beeindruckendes Denkmal setzten: “Companero Victor Jara : presente” Und wir waren, und sind heute noch, zwischen Aufbruch und Untergang unterwegs.

Was uns zu der Frage führt, wie wir angesichts der gegenwärtigen Weltlage mit ihren widerwärtigen Auswüchsen guten Gewissens und mit uns selbst übereinstimmig, also hier und jetzt, leben wollen. Dazu ist mir in einer Facebook-Gruppe (was für ein Auswuchs!) eine interessante Aussage begegnet. Dort beklagt ein Mitglied all die von Hass und Engstirnigkeit triefenden Kommentare zu (wie wir dieses Wort früher verstanden) “progressiven” Themen und bezeichnet dabei die anderen Teilnehmer als “alte Säcke, die der Vergangenheit angehören”. Darauf antwortet ein anderer:

“Wir alten Säcke sollten die Fahne der Freiheit (ja klingt überzogen) hochhalten, (sollten) dagegenhalten und nicht abtauchen. Wer wenn nicht wir. Prog ist Freiheit und Vielfalt!”

 

PS. Ist der Rock’n’Roll jetzt tot oder nicht?

 

Dirty Black Summer

Battle&Hum #152 am Samstag, 19.07.2025, 22:00 Uhr, diesmal mit Waldrap(p)!

Rhymin‘ and stealin‘ krach ich wie ein Donnerschlag in euren blöden Sommertag

Sun, Sun, Sun, schau sie kummt

Die Vögel scheißen vom Himmel und ich schau dabei zu

Und ich bin hier und alleine

Marie, wo bist Du?

In ana Pizzeria in Palermo-City

Kaut sie traurig ihre Calamari Fritti

Sagt die Marie zum Padrone: „Bist blöd in der Melone?“

And I say

It‘s allright

I steh in da Hitz an da Strada del sole

Boiling heat

Summer stench

Die Fiaß danma weh in die neich’n Sandale

Neath the black, the sky looks dead

Ich glaub mein Blick ist vom Vorüberziehen der Städte

So müde, dass er nichts mehr hält

Mir ist als ob es tausend Städte gäbe

Und hinter tausend Städten keine Welt

Black hole sun

Won‘t you come

And wash away the rain?

Ein schwarzes Loch in meiner Brust

Nur zu gut, dass ich damit nicht mehr leben muss

You want it darker

We kill the flame

Ich war außer mir und schwer entsetzt

War gegen mich selbst aufgehetzt

War schwärztes Schwarz, war Minenfeld

War hässlich, schrecklich arg entstellt

So cut the headlights, summer’s a knife

I’m always waiting for you just to cut to the bone

Auf dem Küchentisch

Ein Gedicht von Patti Smith

Female, feel male

Sie schreibt: heftig…schwach…schwelgerisch

Devils roll the dice, angels roll their eyes

And if I bleed, you’ll be the last to know, oh

Im Sommerrock sich legen lassen

Von einem schmalhüftigen Jungen, hinter der Kegelbahn

Bluten… den Höhepunkt erreichen

Den Bauch gefüllt bekommen

Summertime

And the livin‘ is easy

Fish are jumpin‘

And the cotton is high

So hush little baby

Don’t cry

Drüben auf dem Hügel möchte ich sein

Im letzten Abendsonnenschein

Drüben auf dem Hügel möchte ich warten

Im nassen Gras in unserem Schrebergarten

Ich warte dort auf Dich weil ich Dich mag

An unserem letzten Sommerferientag

The sun‘s not yellow, it’s chicken

Darkness at the break of noon

When I’m rushing on my run

And I fell just like Jesus son

I said, ooh, I’m blinded by the lights

I said, ooh, I’m drowning in the night

Aber a Kracherl und a Burnhaut

Des hot mi oft scho virreghaut aufd Nocht

Wonn da Mogn krocht

No holding back the summer night

 

In the locus wind comes a Battle&Hum

Michael wrestled the Andy

And the Andy was overcome

Recorded at the Radiofabrik Hall for a hot Summernight, Saturday 07-19-25, 10:00 pm!

Waldrapp (© Alf Altendorf)

Inspired by O.B.X.T., Norbert K Hund und Christopher Schmall

 

With a little help from my friends: Wolfgang Ambros (Georg Danzer), AnnenMayKantereit,  Antilopen Gang, Beastie Boys, The Beatles, Blumfeld, Leonard Cohen, Danzig, Bob Dylan, EAV, Reinhard Fendrich, George Gershwin, Ja, Panik, Soundgarden, STS, Taylor Swift, Tocotronic, U2, The Velvet Underground, The Weeknd

 

 

Veröffentlicht unter Teaser

Virgin

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 13. Juli – Virgin? Wohl nicht im Sinn sexueller Unberührtheit. Ganz im Gegentum, zurück zum Unzerstörten, das immer schon war und das sämtliche Sinne und Sensationen ganz natürlich in sich wahrnimmt – und sie aus sich selbst heraus ins Leben entfaltet. Virgin – das neue Album von Lorde öffnet mir Zugänge in ungeanhnte Welten jenseits der Hörgewohnheit, die jedweden allzu “massentauglichen” Pop von vorn herein ausblendet. Das ist einerseits ihrer zutiefst glaubhaften Poesiearbeit sowie ihrer überzeugenden musikalischen Gestaltung zu verdanken, die das Gesamtbild genauso stimmig wie selbstbestimmt klingen lassen. Und andererseits dem jahrelangen Bemühen meines Sendungspartners Christopher Schmall, von der Musik lyrisch zu erzählen. Und so beschreibt er “lordes virgin”:

Virgin (Lorde Album)junge frau
hämmert fragen
wandelt form zwischen
egotod und dna
augenblicklich
durchscheinblau
erwachsen aus scherben
könnt sie’s bloß sehen
loses abbild

nur logisch auf musik
mit poesie zu reagieren
verdichtungsreaktor einschalten
sich annähern mit rätselsinnlichkeit
nicht als funktionsinfozerrede
zwar kann über musik zu schreiben
so manches offenlegen
kann schleier lüften licht
werfen auf verborgene zusammenklänge
oder interviews mit der künstlerin
der herrscherin ihrer welt
in denen sie über ihr werk spricht
zum beispiel als nebenprodukt
innerseelischer entwicklungen
dich klararten mit klärkunst
dich freiheitern und basteln
am sound deiner selbstoffenbarung
greif in dein verstricktes dunkel
deinen urwald aus widerspruch
und gleichzeitigkeit aus dir
strömen lassen stöhnen
murmeln singen sprudeln
quellen krachend brechen

wrack werden horizont
jemand anderes erinnerung
als gäbe es keinerlei grenzen
so himmel so
himmlisch angesengt
so hin und her
wie schaukel über abgrund
sterne blinzeln herauf
und deine füße auf asphalt
in deiner hand flüssiger kristall
wunder über wunden
im blut die unnatur
die natürliche spaltung
und verschmelzung im blut
nicht mehr als versuche
die existenz zu ergründen
anzupinnen ans bewusstsein
vom atemhauch auf feuchtheißer haut
nach ekstase und ausschweifung
löst sich ein funke du
wir glühen alleinsam
also laufen ins messer
scharfe ungewisse wilde jetzt
in den moment in die halbe ewigkeit
zwischen zwei wimpernschlägen
wir tanzen und tanzen und springen
und krallen uns fest
auch an einander
und lassen nicht los
was wir glauben zu wissen
und stolpern ins leben
und fallen zerschellen
lassen uns sterben
aus den trümmern
setzen sich wieder und wieder
zusammen ein sein ein weiter
vielleicht nicht rein nicht unbefleckt
doch neugierig hungrig verwegen
jeder tag ein verwandeln
nichts bleibt still
die dinge sprechen aus dir
du hörst dir zu
bleibst dir nah
während du auf abstand gehst
um die fäden zu sehen
an die wir geknüpft sind
du malst bilder vom chaos
von der ruhe im wahnsinn
und der schönheit einer abgefuckten welt

 

Post Scriptum – Gespräche und Interviews, zum selbst Entdecken:

Fashion Neurosis (with Bella Freud)

Therapuss (with Jake Shane)

Solid Air (with Derrick Gee)

Tapes Note Podcast (with Producer Jim-E Stack)

triple j (with Abby & Tyrone)

 

 

nicht mehr und noch nicht

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 11. Juli — Halten wir noch einmal inne auf unserem Weg – durch den Sommer, durch das Jahr, durch unser Leben. Wir sind nicht mehr dort, wo wir waren UND wir sind noch nicht da, wo wir sein werden. Wir sind da dazwischen UND wir sind unterwegs. Diese Sichtweise zieht sich wie ein wiederkehrendes Motiv von Anfang an durch unsere Radioarbeit. So hieß schon eine der ersten gemeinsamen Sendungen “inzwischen unterwegs” und ganz offenbar beschäftigen wir uns nach wie vor sehr mit diesem Thema. Die Verwandlung der Vergangenheit in ein Zukünftiges findet in unserer Gegenwart statt. Ebenso wie das Verdauen dessen, was auf uns zukommt, in ein Vertrauen auf das, was von uns ausgeht, mündet. Wir sind nicht nur vorhanden, wir sind definitiv da.

nicht mehr und noch nichtWenn einer sagt
Was du da machst
hat doch keinen Sinn
Sag: Es hat meinen Sinn
Und wenn einer sagt
Was du da machst
ist der letzte Dreck
Sag: Es ist mein Dreck

Wenn einer sagt 
Du glaubst wohl, der Mensch
lebt von Luft und Liebe
Wenn einer sagt, Du glaubst
man lebt von Luft und Liebe
Sag: Wovon denn sonst?

Der Krieg zwischen Phantasie und Realität geht zu Ende: Video von Kreisky.

 

nicht mehr und noch nichtDenn sie bedingen einander. Aus Phantasie wird Realität. Und aus Realität Phantasie. Das ist die Wirklichkeit. Wie Essen. Und Schlafen. Und aus Träumen erwachen. Träume sind Teil der Realität wie Einatmen und Ausatmen. Wie Essen und Scheißen. Wie froh sein und traurig sein. Mit beidem leben lernen als der, der ich bin. Mit allen anderen, die ich auch bin. Mit meinen Kindern UND mit meinen Eltern. Mit Wut und Mitgefühl. Mit Liebe. Mit Hass. Mit Sterben und Überleben. Mitmenschen. Wer ich bin? Die Verwandlung. Die Auflösung UND das Gestaltwerden. Das Entweder-Oder UND die Überwindung des Entweder-Oder in ein sich ständig veränderndes Sowohl-Als-Auch.

Vielleicht weil es
Dich nur als den Einen gibt
Hinter dem das Viele liegt
Bist du fürchterlich verängstigt
Aber Norbert, nevermind
Solang sich deine Situation
In meine Richtung neigt

Ja, Panik kommt auf, wenn wir uns selbst nicht spüren. Aber Andreas, nevermind

 

nicht mehr und noch nichtUnlängst erzählte mir der Kollege MC Randy Andy begeistert vom neuen Film “Austroschwarz”, der seit einiger Zeit im DAS KINO läuft. Das nahm ich zum Anlass, mich ein wenig tiefer hinter die Hintergründe der etwas vielschichtigeren Lebens-Reise von Mwita Mataro hinein zu begeben. Und dort begegneten mir wiederum andere Aspekte des nie enden wollenden Unterwegsseins im Dazwischen, die jedoch auch alle immer das eine widerspiegeln: Wir sind nicht mehr dort, wo wir herkommen UND wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen. Jedenfalls dann, wenn wir auch dorthin wollen, wo wir im Grunde unseres Wesens immer schon sind. In der Begegnung mit uns selbst ist die Heimat, die wir suchenes ist die Heimat, die wir kennen. Abgesehen davon sind wir alle heimatlos. Das Anerkennen, wie sehr wir vertrieben, umgetrieben sind, ermächtigt uns zu Wanderern zwischen den Welten.

Erst wenn der Vorwurf gemacht
und das Opfersein anerkannt ist
Erst wenn die Geschichte erzählt
und ihre Wahrheit verstanden ist
Erst wenn das Ungeheuerliche gesagt
und so auf die Welt gekommen sein wird

Dann kann Frieden sein
 zwischen mir und mir

Norbert K.Hund – Symbiosetod