Zeit und Lebenszeit

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 13. SeptemberHast du Zeit? Anhand dieser einfachen Frage, die noch dazu in unendlichen Variationen durch unser Leben geistert, wollen wir die Beziehung des Menschen zur Zeit hinterfragen. An dem Punkt tauchen auch schon die ersten Abzweigungen im Gedankengang auf, nämlich “zur Zeit überhaupt” oder “zur eigenen Zeit” (die man sich nimmt und über die man bestimmt). Da liegt es nahe, “Lebenszeit” einmal unbedingt nicht als Lebensspanne oder Lebenserwartung zu begreifen, sondern (indem wir den Wortteil Leben betonen) als eine mit mehr oder weniger Lebendigkeit versehene Gegenwart. Und dieses mehr oder weniger unterliegt unserer eigenen Entscheidung, nicht einer von irgendwo sonst vorgegebenen Taktfrequenz. Wir selbst sind gestaltende Gestalten. Das ist der Sinn.

Zeit und LebenszeitIch habe keine Vorstellung davon, was Zeit eigentlich sein soll. Dauer? Abfolge? Termin? Wenn ich wissen will, wie lange ich geschlafen habe, dann bin ich auf das runde Zifferblatt einer analogen Uhr angewiesen. Mit meinem imaginären Finger zeige ich auf den Punkt des Schlafengehens und fahre dann die Strecke bis zum Punkt des Aufstehens, damit ich mir die Dauer meines Schlafs bewusst machen kann. Heute wie vor knapp 60 Jahren. Ein meiner Denkstruktur entsprechender Prozess, mir eine Gegebenheit der Außenwelt zu vermitteln, zugänglich zu machen und anzuverwandeln, so dass ich damit gestalterisch handelnd umgehen kann. Wenn jetzt jemand anderes bei der gleichen Fragestellung (wie lang hab ich geschlafen?) Zahlen sieht und im Geist eine Rechenoperation durchführt, dann ist das seine/ihre Herangehensweise und es gibt keinen Grund, das als irgendwie besser oder schlechter zu bewerten. Wenn mir aber jemand damit kommt, ich müsste das auf dieselbe Weise können, dann wirds ÜBEL.

Zeit und LebenszeitEs ist schlicht nicht einzusehen, dass eine bestimmte Weise, die Welt zu sehen und mit ihr umzugehen, als verpflichtende Norm für alle angenommen wird und dass deswegen alle, die dieser Norm nicht entsprechen, als Abweichler pädagogisch sonderbehandelt werden. Ich wähle diese Worte mit Bezug zur “schwarzen Pädagogik” hier bewusst, auch wenn die zwischenzeitlichen Entwicklungen des Konzepts der “Neurodiversität” in eine immerhin menschlichere und integrativere Richtung weisen. Doch nach wie vor höre ich den Satz eines meiner Projektpartner aus den 90ern nachhallen: “Hier wird der freie Wille freundlich umgebogen.” Er hatte ihn genau darauf bezogen, dass Kinder, die “irgendwie anders” waren, früher mit körperlicher Gewalt “gebrochen” und dadurch zur Anpassung “umerzogen” wurden, wogegen sie heute mit freundlicher Ermutigung (aber halt auch mit psychischem Druck) dazu gebracht werden, sich in eine nach bestimmten (und nicht zu hinterfragenden) Regeln funktionierende Normgemeinschaft “einzufügen”, also sich wiederum “anzupassen”. Und diese Kritik muss, wiewohl es durchaus anzuerkennende Verbesserungen und Reformen gibt, bestehen bleiben, bis grundlegendere Veränderungen eintreten.

Zeit und LebenszeitEs ist noch gar nicht lange her, da habe ich eine Dokumentation über den weltweit zunehmenden Bedarf an Rohstoffen und ihre jeweiligen Fördermengen gesehen. Es wurden Grafiken der für die nächsten Jahre abzusehenden Entwicklung gezeigt und ich begriff augenblicklich, dass sich das nie und nimmer ausgeht. Dazu brauchte ich, auch wenn man das im Gynasium von mir verlangt hätte, um so ein Ergebnis in seiner Herleitung für jemand anderen nachvollziehbar zu machen, keine Rechenoperation. Das große Ganze oder einen komplexen Sachverhalt sozusagen “auf einen Blick” zu erfassen und daraus zutreffende Ergebnisse abzuleiten, das ist die eine Sache. Dies dann auch für andere Wahrnehmungsarten verstehbar zu machen, es in eine andere “Sprache” des Welterfassens und Begreifens “zu übersetzen”, das ist die andere. Diese anspruchsvolle Aufgabe erfordert genau die geistigen und seelischen Ressourcen, die derzeit zum größten Teil im Anpassenmüssen verbraucht werden.

Nimm dir die Zeit …

 

Gitarre vol. 1


Hauke Guitar Collection (Foto: H. Reisinger)

Tuning Up zeichnet in der heutigen Sendung die Entwicklung der Gitarre nach: von der mittelalterlichen guitarra morisca, über die Renaissance- und Barockgitarre bis hin zu den elektrifizierten Varianten und mit Verweis auf die einzigartigen Gitarren von Roland Hauke aus Thaya im Waldviertel.

Roland Haukes Gitarren sind im Hauke Guitars Museum zu besichtigen:
Hauptstraße 14, 3842 Thaya

Nachzuhören unter: https://cba.media/674782

 

Wunder oh Wunder – eine neue Folge Engelsgeflüster!

Sendetermin: Dienstag, 3.September 2024 um 20 Uhr auf der Radiofabrik Salzburg

Engelsgeflüster vollbringt (fast) jeden Monat ein Wunder auf der Radiofabrik: Wir strahlen tolle und passende Musik zu interessanten und ausgezeichnet recherchierten Themen aus. Bisher hat sich jedoch weder Papst noch Kardinal an uns gewandt um uns selig oder heilig zu sprechen.

engelsgeflüster 80

Deshalb sehen wir uns mit dem hoch geschätzten Gast Roland Cerny-Werner (Prof. an der Universität Salzburg für Patristik und Kirchengeschichte)  was es mit Selig- und Heiligsprechungen auf sich hat. Wir diskutieren was es denn mit dem Nachweis eines Wunders auf sich hat und sehen uns „die geilsten Wunder“ ™ der letzten Jahre/Jahrzehnte/Jahrhunderte an.

Erwachsendenbildung

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 8. September“Und solang ich irgendwie atmen und reden und fühlen kann, und mich bewegen kann, will ich diese Magie betreiben und mich dieser Magie zur Verfügung stellen.” Doch von was für einer Verwandlung, ja geradezu Anverwandlung spricht der Mensch hinter der Maske hier eigentlich? Wenn er den Jedermann als Zauberbuch bezeichnet, dann sicher nicht in der Vorstellung, dass Wasser sich in Wein verwandelt, wenn man es dort hinein hält. “Ich werde das Gedicht.”, sagt Philipp Hochmair an anderer Stelle, und damit kommen wir dem Wesen der von ihm angesprochenen Magie schon näher. Und der Beobachtung, dass wir alle, solang wir in dieser Welt leben, werdende sind und nie fertig mit dem Prozess der Wandlung. Das ist Erwachsendenbildung

ErwachsendenbildungGibt es überhaupt “Erwachsene” (etwa als Gegenteil von Kindern) oder sollten wir nicht eher alle im werden miteinander verwandt sein? Das Konzept der Abtrennung von der eigenen Kindheit, wie es sich zum Beispiel in den Paulusbriefen wiederspiegelt, ist nicht nur höchst fragwürdig, sondern erweist sich mit zunehmendem Alter als ein festes psychologisches Problem. Denn diese “unerlösten Kinder”, die sich nie richtig entwickeln durften (und so auch nicht ihre spielerische Genialität im Leben des “Erwachsenen” ausüben können), sind ja nach wie vor anwesend und es kostet immer mehr Kraft, sie in der inneren Verbannung festzuhalten. Kraft, die uns zum Leben fehlt. Halber Mensch. Und wie schön wäre es, einem Jugendlichen, der unter seinem Anspruch “endlich nicht mehr Kind und endlich erwachsen sein zu wollen” erkennbar leidet, mitzuteilen, dass man selbst auch gerade “nicht mehr dort ist, von wo man herkommt” und zugleich “auch noch nicht dort, wo es einen hin bewegt”.

Ankommen kann (und wird) man bei sich selbst. Oder eben nicht. Das ist das ganze Geheimnis der Gelassenheit, vor allem im Hinblick auf das eigene Endlichsein hier in diesem Erdenleben. Was also gäbe es für ältere Menschen sonst an einem weiteren Geburtstag zu feiern als die Aussicht, sich selbst als eine ureigene Symphonie in immer neuen Variationen bis ins zuletzt auch Unvollendete fortzuschreiben? Das mag andeuten, wie wir im Spannungsfeld der verschiedenen Zeitbegriffe zufrieden leben können, ohne uns zerreiben zu lassen vom Chronos (der seine Kinder frisst).

Was ist ein Kulturmagazin? Nun, ein Kunnstbiotop, in dem es möglich ist, so eine Magie zu betreiben, nämlich Schönes und Interessantes in Beiträge zu verwandeln und so das, was wir entdeckt haben, was uns anspricht und fasziniert, mit unseren eigenen Gefühlen und Erfahrungen zu verbinden und in veränderter Gestalt wieder anderen zu zeigen. Wir sind in Entwicklung begriffene Erwachsende und wir laden zum Miterleben wie auch zum Selbstweiterentwickeln ein. Erwachsendenbildung, eine bemerkenswerte Begrifflichkeit, die man sich in die Seele sinken lassen sollte:

Erwachsendenbildung.

 

Wursten von Hunden

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. AugustFeiern wir das Finale der Festspielsaison mit einem genialen Werk aus der Welt des Melodic Hardcore oder Skate Punk oder wie es euch gefällt … Und gedenken wir zudem eines Meisters der angewandten Sprachzerlegung, dessen Gedicht franz hochedlinger gasse unseren heutigen Ausflug mit dem Chor der wütenden Kinder inspiriert: “wo gehen ich / liegen spucken / wursten von hunden / saufenkotz / ich denken müssen / in mund nehmen / aufschlecken schlucken / denken müssen nicht wollen” Poesie und Widerstand – aus der Erfahrung des “Nicht zur Geltung kommens” und “Keine Bedeutung habens”, die den endgültigen Kontrapunkt setzen zum Geklingel der Reichen und Mächtigen, deren ganze “Weltbeherrschung” damit verglichen keine bleibende Bedeutung hat.

Wursten von Hunden - The Decline (Trump)Der kleine Norbert war unlängst in seiner frühesten Kindheit unterwegs und entdeckte dort den Topf seines eigenen Zorns. Neugierig, wie das darin herum brodelnde Wutgebräu wohl entstanden war, bemerkte er seine ersten Versuche, zu etwas “Nein” zu sagen (also irgendwie nonverbal auszudrücken, dass er dies oder jenes so jetzt nicht wolle). Und zugleich erinnerte er sich, wie diesen Neinsageversuchen immer wieder so gar nicht entsprochen wurde. – Seine Bedürfnisse und Gefühle wurden also ignoriert und stattdessen wurde ihm mit aller Macht der Erwachsenen “drübergefahren”. Das stellt die früheste Erfahrung von Missbrauch und Gewalt dar und das ist auch das Gefühl, aus dem Wut, Empörung und berechtigter Zorn entstehen. Wenn jetzt noch dazu die Äußerung dieser Emotionen (etwa von narzisstischen Eltern) zurückgewiesen oder sogar bestraft werden, dann muss das Kind sie ja irgendwo zwischenlagern in einem inwendigen Gefäß wie dem erwähnten “Topf des Zorns”. Und da drin verbleiben sie dann auch (und wirken unerkannt weiter) bis man sie anderweitig ausdrücken kann …

Das eigenwillige Opus Magnum von NOFX, das als über 18 Minuten langer Punksong konzipierte “The Decline”, gibt uns Gelegenheit, unsere oft eingetopften und im Topf verstopften Emotionen wieder wahrzunehmen, auf dass wir ihre ungeheure Kraft zu etwas für unser jetziges Leben brauchbarem, erfreulichem, lustvollem und nahrhaftem “umerschaffen” mögen. Durch das Hören von Kunnst, die aus ihrer Wut über den Wahnsinn schöpft, dazu angeregt, unsere Gefühle wieder anderen zu offenbaren. Wir werden Großes schaffennach unseren eigenen Maßstäben, was “Groß” ist.

Wir sind ein Wursten von Hunden.

Zu diesem Behufe verwenden wir unter anderem eine erstaunliche Neuaufnahme: “The Decline Live at Red Rocks with Baz’s Orchestra”, kongenialst arrangiert von Bastien “Baz” Brisson, dem es mittendrin bei seinem Xylophonsolo geradezu den Martin Grubinger raushaut. Und wir wären kein “etwas anderes Kunnstbiotop” in einer Stadt der Festspiele, wenn wir nicht zum Schluss auch noch die Übersetzung der Punkhymne in eine orchestrale Musiksprache zu Gehör und somit zur Geltung brächten: “NOFX’s The Decline (A Punk Rock Symphony)”

Es heißt, wenn schon, dann “Erwachsendenbildung” …

 

Morgen ist schöner

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 18. August – Ich drehte den Fernseher auf und geriet, völlig unvorbereitet, mitten hinein in die Übertragung der heurigen Jedermann-Aufführung vom Salzburger Domplatz. Mitten hinein in eine Tischgesellschaft, die so goldlackiert zurechtgeschaufenstert synchrontanzt, dass ich erschöpft aufseufze: “Jetzt haben sie den Jedermann also auch zum Hupfkasperl im Larifariland gemacht mit ihrer amerikanoiden, überall auf der Welt gleichförmigen Bühnenshow.” Wennst wirklich Choreographie auf künstlerischem Weltniveau haben möchtest, dann schau dir “RHYTHM IS IT” an. Aber geh scheißen mit so einem billigen Tinnef, der eh schon flächendeckend alles und jeden verkonsumwichtelt. Mir tut ja der Philipp Hochmair leid. Morgen ist schöner? Seine innere Heimat” muss jetzt wirklich sehr stark sein.

Morgen ist schöner (Omar Khir Alanam)Als ein Gegenmittel zu dieser kleinkarierten Inszenierung soll er ja nach wie vor mit Kurt Razelli zusammen den Jedermann-Monolog “abviechern” (wir haben das Album damals vorgestellt). Und im Gespräch mit Omar Khir Alanam wird deutlich, wie der Schauspieler im Unterschied zum Autor und Performer die innere Heimat in der fremden Sprache von Theaterdichtern und Regisseuren abfedertdurch eine selbsterschaffene Welt, in der “das geniale Kind völlig unbehindert drauflos fuhrwerken kann”. Der Film “Jedermann auf Reisen” von Wolfgang Tonninger ist sicher auch die (Wieder)entdeckung des heurigen Sommers, die uns nicht nur über die ekligen Oberflächlichkeiten des Festspielbetriebs hinaus zum “Selbst weiter spüren und denken” verhilft, sondern uns zudem noch in die tiefenentspannte Philosophie des “Dialogischen Prinzips” eintauchen lässt und so die unendliche Unterwasserwelt des ständigen Neuerschaffens zugänglich macht. Chapeau, liebe Tiefseetaucher und Seelenreisende, wir sind angekommen – unterwegs. Oder auch umgekehrt. Im Zwischen – vielleicht, aber sicher. “Im Anfang war das Wort” oder wie Grand Corps Malade es ausdrückt: “Une lumière incandescente issue d’un souffle oratoire.”

“Morgen ist schöner”, so betitelt der Autor, Poetry Slammer, Kabarettist, Trainer und – überhaupt unsere Neuentdeckung des heurigen Sommers Omar Khir Alanam eine Textcollage, die er über die Jahre schon in den verschiedensten Situationen vorgetragen hat und die er fortlaufend weiterentwickelt. Diese Geschichte, in der er seine Flucht aus Syrien und auch sein Ankommen in Österreich verbearbeitet, wollen wir zum Schluss der heutigen Sendung anhören. Eine Geschichte, die uns dazu anregt, unser aller Unterwegssein immer auch als Hoffnung zu begreifen

Wie gesagt, morgen ist schöner.

PS. Den erwähnten Dokumentarfilm “Jedermann auf Reisen – Die Weltvermessung eines Heimatlosen” gibt es derzeit noch in der ORF-Mediathek sowie darüber hinaus jederzeit bei Vimeo On Demand anzusehen. Wir empfehlen dessen hintergründige Inspirationen wirklich aus vollstem Herzen!

 

Nur noch 54 mal schlafen und dann dürfen wir wieder wählen!

Sendetermin: Dienstag, 6.August 2024 um 20 Uhr auf der Radiofabrik Salzburg

Am 29. September ist es wieder soweit: Die Bürger*innen Österreichs werden wieder an die Wahlurnen gebeten. Nach 5 Jahren ÖVP-Grün geführter Regierung darf mittels einem Kreuzchen auf dem Wahlzetterl wieder Einfluß auf die Politik genommen werden.

demokratie begeisterung

Wir nehmen das als Anlaß um uns genauer anzusehen, was Wahlen sind und welchen Zweck sie erfüllen. Falls uns neben großartiger Musik noch Zeit bleibt, philosophieren wir über die Frage was „gegen Rechts wählen“ wirklich bringt.

Éphémère

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 11. AugustWenn sich drei Künstler aus unterschiedlichen und doch artverwandten Schaffenswelten zusammenfinden, um ihre jeweiligen Stilrichtungen zu einem großen Konzeptwerk zu verschmelzen – dann sind wir trotz aller Festspiele leider nicht in Salzburg. Aber wir sind ein freies Medium und bringen euch daher dieses Ausnahmeereignis zumindest ansatzweise zu Gehör: Éphémère (das Flüchtige) von Grand Corps Malade, Gaël Faye und Ben Mazué – in Gestalt des knapp 30-minütigen Studioalbums, das einige der wesentlichen Stücke der viel umfänglicheren Liveperformance enthält, von der immerhin ein Konzertfilm hergestellt wurde, dem man auch in voller Länge beiwohnen sollte. Poetry Slam und literarischer Rap und Theatermusik begegnen sich für einen flüchtigen Moment

ÉphémèreAls Hör- und Erlebnisbeispiel sei hier der begeisternde Titel “Besoin de rien” (der vorletzte Track dieses Albums) hervorgehoben, ein aus Stadtgeräuschen und beiläufigem Geplauder heraus nach und nach in ein Dialoggedicht überfließendes Fest des (flüchtigen) schöpferischen Augenblicks, vom Melodiegesumme der musikalischen Inspiration zum regelrechten Trialog der Ideen und Möglichkeiten voran getrieben bis hin zu einer opulenten Steigerung, einer sprachrhythmischen Extase und orchestralen Vielschichtigkeit, die den kollektiven Ohrgasmus aller Beteiligten im Ansatz erahnen, in der Phantasie aber vollinhaltlich mitvollziehen lässt. Der “kleine Tod” ist auch im schöpferischen Prozess Éphémère” sprich ein überaus flüchtiger Moment. Wir sind ja nach wie vor damit beschäftigt, herauszufinden, wie wir ihn immer weiter ausdehnen, in die Länge ziehen, quasi “verdauerhaftigen” könnten. Und es gibt durchaus Hinweise darauf, wie wir diesem umtriebigen Wunsch nach fortwährender Beglückseligung lieber nicht entsprechen sollten: Durch Steigerung der Reizfrequenz sprich Beschleunigung.

“Et là, au milieu du monde, allonger les secondes – diesen Wunsch äußern Grand Corps Malade, Ben Mazué und Gaël Faye in ihrer kürzlich erschienenen Single On a pris le temps. Eine Ode an die Muße und an die Notwendigkeit, sich zwischenzeitlich die Zeit zu nehmen, seinen Geist auszuruhen und sich nicht nur vom überfüllten emploi du temps einnehmen zu lassen. In einer flüchtigen Welt, in der die Zeit vergeht, der Alltag zunehmend von Müdigkeit und Erschöpfung geprägt zu sein scheint und es immer schwieriger wird, eine Pause einzulegen, kommt das neue Album der drei Künstler gerade recht, um sich der Flüchtigkeit der Momente bewusst zu werden und aus ihnen das Positive zu schöpfen.” So zu lesen bei Friedrich (vor deren Paywall).

Éphémère

PS. In der Vorabveröffentlichung der Signation/Collage zur heutigen Sendung haben wir außerdem zwei wesentliche Texte in deutscher Übertragung beigefügt. Allons, enfants!